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Italien Italien: Insel der göttlichen Tränen

Von Hartmut Schürbusch 07.08.2005, 20:19

Halle/MZ. - Der Titan Tifeo soll dort gelandet sein, wo heute Ischia liegt. Er war voller Groll. Giftiger Geifer floss aus seinem Mund, erstarrte zu Hügeln und Bergen. Sein Atem stieg als heißer Dampf aus der Rede. Am Ende brach er in Tränen aus. Die Tränen des Tifeo durchtränkten die Erde. Heiß und mineralhaltig, manchmal sogar radioaktiv. Es sind gefragte Heilquellen seit uralten Zeiten. Zuerst kamen die Griechen, dann die Römer, vor allem Cäsars Legionäre, die sich im kühlen Gallien oder im feuchten Germanien Rheuma geholt hatten. Die simplen Steinkammern der römischen "Cavas Scuras" zwischen Sant' Angelo und dem Maronti-Stand sind noch heute in Betrieb. Etwas weiter, in einer Grotte, schießt das Wasser mit bis zu 100 Grad aus dem Felsen. Am Strand findet man "Fumarolen", heiße vulkanische Wasserdampf-Fontänen. Doch niemand muss sich in alte Römerwannen zwängen. Für die Geplagten von heute entstanden überall auf der Insel Thermalgärten, eingebettet in ein subtropisches Blütenmeer.

Es sind Inseln der Ruhe und Erholung, weitab von der Hektik des Alltags. Man trifft sich im "Parco Termale Castiglione" in Casamicciola, in den aufwändig gestalteten "Poseidon-Gärten" am Citarra-Stand von Forio, im "Negombo-Park" in Lacco Ameno oder in den "Giardini Tropical" und den "Aphrodite-Apollon-Gärten" hoch über Sant' Angelo. Alltag adé? Schön wär's. Die Hektik brandet noch am Hafen: Wenn die Schnellfähren von Neapel an den Wochenenden ihre Passagiere an Land spülen, ist kaum noch ein Vorwärtskommen. Taxis und Busse blockieren die schmalen Straßen in Ischia Porto. Auf der anderen Seite, in Ischia Ponte, sieht man vor blauen Sonnenschirmen den Himmel und den Strand nicht mehr. Nur noch das Castello Aragonese, das hoch auf einem Felsen thront.

Dazwischen jedoch lässt sich fein flanieren - auf der Via Roma und dem Corso Vittoria Colonna. Die beiden Straßen verbinden die so unterschiedlichen Vororte der Inselhauptstadt. Oleanderbäume schmücken die lange Fußgängerzone mit ihren Cafés und Boutiquen. Oleander auch an der Küstenstraße, die sich von Porto über die berühmten "Kurorte" Casamicciola Therme, Lacco Ameno und Forio bis hinter in den Süden nach Sant' Angelo schleicht. Heiß ist es, hektisch und laut. Doch Sant' Angelo, der wohl schönste Ort der Insel, ist autofrei. Endlich haben sich die Abgase verduftet. Ein Hauch von Oleander liegt wieder in der Luft. Die Natur macht den Reichtum Ischias aus. Vor allem die Blütenpracht und das warme Quellwasser, das überall fließt.

Fast jede Pension hat ihre eigene Hausquelle, jedes Hotel eine Badeabteilung. Dort kann man ganze Kurprogramme machen. Pflicht ist Fango! Denn man sitzt an der Quelle: "Fango" heißt der Ort, der die Insel mit dem Heilschlamm versorgt. "Fango" wurde auf Ischia "erfunden". Eine Insel als Allheilmittel, ein blühender Gesundbrunnen.