Internet Internet: Sexseiten bekommen eigene Toplevel-Domain

Köln/Berlin/dpa. - Als «Rotlichtbezirk im Internet» wirdoptimistisch bezeichnet, was die Internet-Domain-Verwaltung ICANN fürdie Zukunft beschlossen hat: Virtuelle Sexangebote, egal obbeschränkt auf 16 oder 18 Jahre, sollen unter einer eigenenToplevel-Domain versammelt werden. «XXX», «Triple X», soll die neueAdress-Endung sein - so, wie in Amerika eindeutige Streifen heißen.
Neben «.de», «.com» oder «.net» werden in Kürze weitereAdress-Endungen an den Start gehen. Wann genau, ist noch nicht klar -wahrscheinlich wird es Ende des Jahres soweit sein. Die deutschenRegistrare allerdings haben weder Nachfrage noch Pläne, Adressen mitdieser Domain zu verkaufen. «Nachdem die ICANN die neue Domain erstbeschlossen hat, wird noch etwas Zeit vergehen, bis wir diese denEndkunden anbieten werden», sagt Carsten Zorger, Sprecher desRegistrars Strato in Berlin.
Das Prozedere wird für die Sex-Domain das selbe sein wie für alleanderen Adressen: «Das funktioniert wie bei ".com" und allen anderengenerischen Top-Level-Domains», sagt Klaus Herzig, Sprecher derzentralen deutschen Vergabestelle Denic. «Die Domains können beiallen Registraren gekauft werden, die akkreditiert sind.»
Die ICANN verbindet mit der Domain für Sex-Inhalte die Hoffnung,«eine klar identifizierbare Region im Internet schaffen, die Familienin die Lage versetzen wird, Kinder und andere vor unangemessenenInhalten zu schützen», heißt es in einem Papier der Verwalter.
Jugendschützer in Deutschland allerdings sehen das etwas anders.«Das kann nur funktionieren, wenn sich die Anbieter auch daranhalten», sagt Andrea Urban, Leiterin der Landesstelle Jugendschutz(LJS) Niedersachsen in Hannover. Da die Angebote der Erotikanbieteraber kommerziell sind und darum möglichst viele User erreichensollen, müssen sie an allen Stellen des Netzes vertreten sein. «DieseSeiten wollen gefunden werden», sagt Christoph Salzig, Sprecher desBundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) in Köln.
«Wenn Programme dann alle Seiten herausfiltern, haben die Anbieterkeine Überlebenschance mehr», sagt Sabine Frank, Geschäftsführerindes Vereins Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia Diensteanbieter(FSM) in Berlin. Daher sei es unwahrscheinlich, dass man nicht mehrüber zwielichtige Seiten im Netz stolpert, sobald die «.xxx»-Endungin Betrieb ist. «Die Domains dienen ja nur als Orientierungs- undStrukturhilfe im Netz», gibt Salzig zu bedenken.
Doch auch wenn die Anbieter eindeutiger Inhalte weiterhinversuchen werden, über möglichst normale Adressen an Kunden zukommen, kann zumindest das Angebot unter «.xxx» durch FiltersoftwareKindern unzugänglich gemacht werden. «Für Jugendschutzprogramme istdas sinnvoll und positiv», sagt Frank. Denn eine ganze Domain zusperren, ist auch für Eltern einfach, die sich nicht so gut im Netzauskennen. Salzig hält es dennoch für notwendig, dass Eltern mehrMedienkompetenz an den Tag legen: «Die Erziehungsberechtigten müssenauch wissen, wo's lang geht.»
Andrea Urban hält es für unerlässlich, dass sich Kinder ihrenEltern anvertrauen, wenn sie auf unsittliche Angebote im Netz stoßen.Kleinere Kinder seien zufrieden, wenn ihnen Eltern oder größereGeschwister eine Spielseite aufrufen und sie dort eine Zeit langspielen dürfen. Erst später fingen Kinder an, die Weiten des Netzeszu erkunden. «Dann muss es Regeln geben», betont Urban. «Denn einesist auch sicher: es wird immer Leute geben, die sich über dasInternet an Kinder heranmachen wollen.»
Bislang bedarf es der Aktivitäten von Verbänden wie des BVDW, derderzeit gegen unseriöse Anbieter pornografischer Inhalte vorgeht.Seit 1. April 2003 ist der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag in Kraft,der regelt, wie pornografische Inhalte geschlossenen Benutzergruppenin den interaktiven Medien zur Verfügung zu stellen sind. Dazu gibtes Systeme zur vorgeschriebenen Überprüfung der Volljährigkeit.
Dennoch gibt es dem Verband zufolge zahlreiche Anbieter, die ganzohne Altersüberprüfung pornografische Inhalte ins Netz stellen. «Dasist ein Straftatbestand», betont Salzig. Kompliziert ist und bleibtdie Schaffung von geschlossenen Räumen im Netz allemal: «NationaleRegelungen in einem globalen Medium sind schwierig», sagt Salzig.Hinzu komme, dass besonders die großen Anbieter versuchen, ihreSeiten unter allen verfügbaren Endungen ins Netz zu bringen.
Die ICANN jedenfalls kann nicht auf die Anbieter der «XXX»-Seiteneinwirken, ihre Inhalte einzig unter der neuen Domain zu zeigen. «Dasmuss freiwillig geschehen», sagt Salzig. Genauso lang, wie dieEinrichtung eines Rotlichtbezirks diskutiert wurde, liegt derzentralen Domainverwaltung übrigens ein weiterer Vorschlag für eineneue Domain vor: «.kids» soll sie heißen und eine Krabbelecke fürKinder im Netz sein - doch darüber wird noch diskutiert.