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Inchtabokatables Inchtabokatables: Das Ende vom Lied

Von Steffen Könau 10.09.2002, 10:52

Halle/MZ. - Amerika hatten die Inchies, wie ihre Fans sie liebevoll nennen, nach diesem Konzert so gut wie in der Tasche.

Es ist dann doch anders gekommen. Die Inchtabokatables,gegründet im Winter 1991, "weil wir geradenichts Besseres zu tun hatten" (Robert Beckmann)und so benannt nach einem australischen Slangbegrifffür Leute, die immer nur an der Theke herumstehen,weil sie auch nichts Besseres vorhaben, hattensich in den Kopf gesetzt, musikalisch Abschiedzu nehmen vom Folkpunk ihrer frühen Jahre.Statt von pogopeitschenden Geigen wurden neueStücke nun von Computerbeats getragen. Stattan mittelalterliche Tänze zu erinnern, glichendie Rhythmen immer öfter Hiphop-Schleifen.

Die Band, bis dahin von einer Begeisterungswellein die Hitparade getragen, stand plötzlich"Mitten im Krieg" (Plattentitel): Das Labelwollte nicht mehr so wie die Band, die Bandnicht mehr so wie das Label. Am Ende standdie Trennung.

Und ein Neuanfang. Statt sofort eine neuePlattenfirma zu suchen, warfen die fünf Fidelfreundeall ihr Geld zusammen und buchten auf eigeneKosten ein Studio. Hier vergruben sie sichfast ein Jahr, schrieben Songs, spielten Stückeein, zerpflückten sie am Computer und bautensie neu zusammen.

Was herauskam, klang nach Industrieviertelstatt nach Handwerksmarkt, war kantig stattrundgeschliffen. "Mitten im Krieg" dröhntemit Urgewalt, sägte ohne Kompromisse. Niezuvor waren die Inchies näher am Klang derZeit und weiter weg vom kommerziellen Erfolg:In der Rolle der verbissenen Krieger wolltedie fröhlichen Vaganten von einst kaum nochjemand hören.

Cellist B. Deutung und die anderen haben esleicht genommen. Natürlich hätten sie es sichstattdessen auch leicht machen können. Einfachden Krach raus, Folklore-Feeling rein. Dassaber überlassen die Inchies inzwischen gernall den Bands, die nach ihnen kamen und mitder von ihnen kreierten Musik Erfolge feiern."Man muss die Musik machen, die man machenmuss", sagt Robert Beckmann, "sonst hat mankeinen Spaß daran."

Und Spaß hatten die Inchies immer, ob vorzehntausend Fans auf einem Festival oder vorden 50, die sich damals zu ihrem ersten Clubkonzertin San Francisco verirrten. Es sei ihnen niedarum gegangen, die Musik als Job zu betreiben,sagt der Sänger. Für ihn seien die Inchiesdie Möglichkeit gewesen, unabhängig zu bleibenund zu tun, wonach ihm der Sinn stehe.

Und auch das nicht mehr lange. "Nach elf JahrenMusik wollen wir erst mal elf Jahre Pausemachen", begründet Schlagzeuger Tinitus, warumeine der beliebtesten und erfolgreichstenRockbands aus Ostdeutschland Ende Septemberzum letzten Mal auf die Bühne steigen wird.

Bei diesem letzten Konzert am 28. Septemberin der Berliner Columbiahalle werden die fünfAufrechten ihr Abschiedgeschenk an die riesigeFangemeinde präsentieren: Das Doppelalbum"Ultimate Live" erscheint am Tag nach demKonzert und versammelt 24Stücke vom Klassiker"Tomatenfisch" bis zum letzten großen Hit"You Chained Me Up". Aufgenommen auf der vorjährigenTour zeigen die völlig unbearbeitet übernommenenMitschnitte, mit welcher Urgewalt die Inchtabokatableszu musizieren vermochten: Rau und kochend.