Hertha BSC Berlin Hertha BSC Berlin: Fans müssen sich auf Mittelmaß einstellen

Berlin/dpa. - Das Ziel der laufenden Saison, über Platz fünf wiederdirekt in den UEFA-Pokal einzuziehen, wurde von Manager Dieter Hoeneßnach 13 Pflichtspielen ohne Sieg bereits beerdigt: «Gegenwärtig machtes keinen Sinn, über Platz fünf zu sprechen.»
Auch wenn «rechnerisch alles möglich» sei, müsse man Abstrichemachen, betonte Hoeneß, der bei der «Aufarbeitung derGesamtsituation» auch die Personalie Falko Götz (Trainer-Vertrag bis2008) mit einschließt.
Der Manager, vor allem durch seine Einkaufspolitik und seinenFührungsstil selbst bei einem Teil der Hertha-Fans arg in die Kritikgeraten, hat eine General-Inventur bei der «Alten Dame» Herthaangekündigt. Es gibt eine Menge aufzuarbeiten: Das Verhältnis imBundesliga-Team ist trotz mehrmaliger Aussprachen gespannt, eineklare Hierarchie fehlt. Leistungsträger - allen voran SuperstarMarcelinho, der in der Vorsaison mit 18 Toren und 13 Vorlagen vonseinen Kollegen noch zum Spieler der Saison gewählt worden war -wirken satt. Die Mannschaft hat kein Gesicht. Die Disziplin liegtebenfalls am Boden, wie die Flut der Platzverweise demonstriert. «DieSituation ist im Moment sehr schwer zu verdauen», gestand Hoeneß.
Hertha will auf die Krise mit einem neuen Zukunfts-Konzeptreagieren, ob mit oder ohne Cheftrainer Falko Götz. Von den elfauslaufenden Verträgen sollen nur ausgewählte verlängert werden, fürstagnierende Profis wie Thorben Marx, Vaclav Sverkos, Marko Pantelic,vielleicht sogar für Marcelinho wird die Luft dünn. «Es ist jetzt dieZeit, einige Fragen klar zu beantworten. Es geht auch um die gesamteAtmosphäre im Verein», erklärte der Manager. Hertha spielt in einerStadt mit 3,5 Millionen Einwohnern bei einem Heimbesuch vondurchschnittlich 40 000 Fans quasi an der breiten Öffentlichkeitvorbei. Das erste Training nach der 2:4-Pleite gegen Köln wolltennoch neun (!) Fans sehen. Das Image ist landesweit arg beschädigt.
Das neue Konzept wird wohl noch mehr auf junge, hungrige Profisauch aus der anerkannt guten eigenen Nachwuchs-Schmiede setzen. DieseSituation ist wesentlich mit bedingt durch die Finanzlage von rund 35Millionen Euro Verbindlichkeiten. Zwar konnten jetzt kurzfristigeKredite in Höhe von knapp 20 Millionen Euro in mittelfristige Krediteumgewandelt werden, der Spielraum aber bleibt eng. In acht Jahrensollen die Schulden auch dank der erhöhten TV-Gelder drastischreduziert sein, was für kostspielige Neueinkäufe keinen Platz lässt.Die Konsequenz: Der Abstand zur Spitze wird zunächst anwachsen.
Der Hauptstadtclub will aber langfristig denken. Ob dazu auch eineUmwandlung der Führungsstruktur gehört, ist unklar. Die «BerlinerMorgenpost» (Montag-Ausgabe) will von einem «Schalker Modell»erfahren haben, nach dem in nicht bestimmter Zeit Manager Hoeneß wiein Gelsenkirchen Rudi Assauer in eine höhere Leitungsebene befördertwürde und Platz für einen neuen Sportdirektor oder Teammanager wieAndreas Müller bei Schalke wäre. Diese Rolle könnte Herthas Rekord-Torschütze und Assistent der Geschäftsführung, Michael Preetz,einnehmen. Das erscheint derzeit allerdings unwahrscheinlich, daHoeneß keinerlei Abstriche an seiner sportlichen Führungsrollezulassen will.