1. MZ.de
  2. >
  3. Varia
  4. >
  5. Heiko Mathias Förster: Heiko Mathias Förster: Zurück an der Stätte des ersten Bravo-Rufs

Heiko Mathias Förster Heiko Mathias Förster: Zurück an der Stätte des ersten Bravo-Rufs

Von Peter Godazgar 09.07.2001, 18:02

Halle/MZ. - Die Fahrt hatte sich gelohnt. 1993 war es, vielleicht auch 1994, und Heiko Mathias Förster war von Berlin nach Halle gekommen, um das Philharmonische Staatsorchester mit Mahlers sechster Symphonie zu hören. "Super, einfach super" war es, erinnert er sich, und vor allem: "Es war das erste Konzert, bei dem ich mich getraut habe, Bravo zu brüllen."

In zwei Tagen steht er selbst als Dirigent vor der Philharmonie - das Orchester lädt zum Konzert unter freiem Himmel auf den Domplatz ein; quasi als Abschied vom halleschen Publikum, denn danach geht es zum renommierten Wagner-Festival ins italienische Ravello.

Förster wird auch dort dirigieren. Verdi und Wagner. Eben jenes Festival-Programm können die Hallenser am Donnerstag hören; dazu gehören unter anderem Ausschnitte aus Tannhäuser und den Meistersingern sowie aus Nabucco und Aida. Förster ist ein kleiner schlanker Mann mit kurzem Haar, das sich trotzdem zu Locken dreht. 35 Jahre ist er alt und seit zwei Jahren Chefdirigent der Münchner Symphoniker. Zuvor war er Chefdirigent am Brandenburger Theater. Deren Chef hatte sich in der Nacht zum 11. November 1989 aus dem Staub gemacht. Die Musiker fragten Förster, der damals erster Kapellmeister werden sollte, ob er den Laden übernehmen wolle. Klar wollte er. Er war 23, und alles war möglich. Er blieb neun Jahre.

Der Wechsel nach München war ein Kulturschock: in positiver Hinsicht, was die musikalischen Möglichkeiten angeht - in negativer Hinsicht, was das Umfeld angeht. Pass auf, sagten ihm Freunde, das ist eine andere Welt. Stimmt nicht, sagt er heute, "das ist ein anderer Planet". Förster wohnt mit seiner Frau, die Opernsängerin ist, und zwei Söhnen in einem kleinen Dorf, ein gutes Stück vor der bayrischen Landeshauptstadt. Die Menschen in dem Dorf stehen um fünf Uhr morgens auf und melken Kühe. Försters stehen deutlich später auf; sie erfüllen auf prächtigste das Künstler-Klischee.

Dabei hält er nicht viel davon, dass mit Klassik-Konzerten oft vor allem eine "elitäre Klientel bedient" wird. Musik, zumal klassische, ist für alle da - dieses Credo klingt aus Försters Worten heraus. Mit sanfter Ironie und warmen Worten spricht er über Musik, und was sie bewirken kann oder sollte.

Insofern stört es ihn auch überhaupt nicht, dass das Konzert in Halle unter freiem Himmel und ohne Absperrungen stattfindet. Ihm sei es lieber, wenn Leute zufällig vorbeikommen und stehen bleiben, als wenn Absperrungen und Eintrittskarten diejenigen abhalten, denen diese Musik auch gefallen würde, obwohl sie es vielleicht noch gar nicht wissen. Und wenn ein paar Kinder dabeistehen und auf die Idee kommen zu schunkeln - umso besser. Fehlt nur noch, dass am Ende jemand Bravo ruft. Am besten zum ersten Mal.

Das Freiluft-Konzert findet am Donnerstag, 12. Juli, auf dem Domplatz statt. Es beginnt um 19.30 Uhr. Der Eintritt ist frei.