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Hansgeorg Stengel Hansgeorg Stengel: 80. Geburtstag am 30. Juli

Von Irma Weinreich 25.07.2002, 19:26
Hansgeorg Stengel
Hansgeorg Stengel ZB

Berlin/dpa. - Keiner bringt seine Gedichte, Epigramme und Kalauer scheinbar sogut ans Publikum wie er selbst. Als «Schriftsteller im Einsatz», wieer sich einmal nannte, tourte er zu DDR-Zeiten gute 80 000 Auto-Kilometer im Jahr durchs Land. Noch immer sind es 30 000 Kilometer,die er als Vortragskünstler in Sachen Unterhaltung unterwegs ist.Beim Autofahren kommen ihm die besten Einfälle, behauptet Stengel.

Seine Texte sind in 50 Büchern mit einer Auflage von rund zweiMillionen Exemplaren nachzulesen: «Mit Stengelszungen», «Frühling,Sommer, Herbst und Kinder», «Im Stenglischen Garten», «Der dickeStengel» und so weiter. Sein Herz für Kinder fand Niederschlag inNachdichtungen wie «So ein Struwwelpeter» und «Die pfiffigeHeinzelmannschaft».

Als Geburtstagspräsent veröffentlichte der Berliner EulenspiegelVerlag jetzt sämtliche Gedichte unter dem Titel «Dicht an dicht». InVerse gesetzt sind die denk- und undenkbarsten Ereignisse. Stengelhat alles im Blick: Langschläfer und Kellner, Hunde undWellensittiche, Liebesnöte und Nachwuchsprobleme, Urlauber, denSommer im Strandbad und die Musterbrigade, die Rechtschreibreform unddie NPD. Ein Kapitel gilt Berlin.

Seine Vorbilder sind Erich Kästner mit seiner «unerhörtausgeklügelten Poesie» und der «große Spaßvogel» Heinz Erhardt. Erselbst sieht sich bescheiden als «Gebrauchsdichter». SeineLeidenschaft sind die Reime, auch wenn das vielleicht «altmodisch»sei. Ausgeschrieben hat er sich nicht. «Von mir kommt noch was»,versichert er.

Der geborene Thüringer - er stammt aus Greiz - zog Anfang der 50erJahre mit journalistischen Ambitionen nach Ost-Berlin. Er arbeitetezunächst als Redakteur bei der Satirezeitschrift «Frischer Wind», diespäter als «Eulenspiegel» erschien. Über Jahrzehnte waltete er dortals eine Art «Ordnungshüter der deutschen Sprache» mit einerständigen Kolumne. Die Sünden an Stil und Grammatik, die allgemeineSprachverhunzung, lieferte und liefert ihm Satire-Futter. Stengel istüberzeugt: «Die Deutschen können nicht deutsch sprechen.»

Überwiegend heiter gestimmt, sparte Stengel gesellschaftlicheMissstände in der DDR nicht aus. Im Ost-Fernsehen hatte er deshalbkeine Chance, zumal er darauf beharrte, in seinen Manuskripten nichtszu streichen. Dafür quittierte das Publikum vor Ort selbst diekleinste Anspielung mit Lachsalven. Ein Beispiel dafür liefert dieneue CD «Nomaden-Püree», ein Stengel-Mitschnitt von 1978.