Halle Halle: Der fünfte Mann im Bob
HALLE/MZ. - Die Engelsgeduld eines Dopingkontrolleurs ist unübertroffen. "Es kann losgehen", sagt Bredau nach zwei Stunden und wird von dem unangemeldet erschienenen, von der deutschen Antidoping-Agentur Nada gesandten Mittfünfziger aus Altenburg zur Toilette begleitet. "Zum dritten Mal war er schon da in diesem Jahr", erzählt Bredau. "Einmal musste er fünf Stunden warten, bis ich ihm eine Urinprobe abliefern konnte."
Der Hallenser hat gerade über zwei Stunden an Kraftgeräten trainiert. So hart und akribisch, als sei er auf dem Sprung, bei den Olympischen Spielen in Vancouver den Viererbob einer der deutschen Bobpiloten Andre Lange, Thomas Florschütz oder Karl Angerer anzuschieben. Die Miene des 25-Jährigen verdunkelt sich etwas. Olympia - das ist in diesen Tagen für ihn ein sensibles Thema. Winzige zwei Hundertstelsekunden gaben den Ausschlag, dass Andreas Bredau die Nominierung für die Winterspiele verpasst hat. Um diesen Hauch war der Oberhofer Alexander Rödiger beim Anschubtest Anfang Januar schneller und ergatterte damit den letzten freien Platz im Angerer-Bob.
Bredau fällt die Rolle des einzigen deutschen Ersatzmannes zu, der im Fall der Fälle - sollte ein nominierter Anschieber erkranken oder sich verletzen - bei einem der drei Piloten einspringen soll. Sein Rennanzug und sein Helm sind schon mit dem Mannschaftsgepäck in Kanada angekommen. Aber der Athlet hängt in der Warteschleife. Am 16. Februar fliegt der Bundespolizei-Angehörige im Range eines Polizeimeisters nach Vancouver, bezieht dann Quartier in der Nähe der Bobbahn in Whistler. "Ich muss mich auf Erschwernisse einstellen, denn ich bin nicht offiziell akkreditiert", erzählt er. "Ich darf nicht ins Olympische Dorf und kann mich an der Wettkampfstätte nur in der Aufwärmzone aufhalten."
Andreas Bredau hat sich nochmals nachhaltig in Erinnerung gebracht. Bei der Junioren-Weltmeisterschaft am vorigen Wochenende in St. Moritz hat er mit dem Piloten Manuel Machata aus Königssee die Goldmedaille im Viererbob gewonnen und ist Vizeweltmeister im Zweier geworden. "Aber der WM-Titel war für mich eher ein Trostpflaster", sagt er.
Bob-Cheftrainer Raimund Bethge hatte dem Hallenser eine Woche zuvor beim Weltcup in St. Moritz mitgeteilt, dass er nicht für Olympia nominiert werde. "Er hat es mannhaft aufgenommen, war natürlich enttäuscht", sagt Bethge. "Wie er sich nach seiner Bandscheiben-Operation gesteigert hat, verspricht viel für die Zukunft."
Es ist ein Lob aus berufenem Munde. Doch was bringt's? Die Zuschauerrolle in Vancouver ist ein Rückschlag, erst recht für einen Selfmade-Sportler wie Bredau. Einen Heimtrainer hat er nicht. "Ich schreibe meine eigenen Programme." Da er, bedingt durch die Verletzungspause, kein Kaderathlet ist, fehlt es an finanzieller Unterstützung. "Etwa 600 Euro von meinem Gehalt wende ich monatlich für meinen Sport auf, für Autofahrten an die Bahnen nach Königssee und Oberhof oder physiotherapeutische Behandlungen."
Ehrgeiz treibt ihn. Im März will er in Oberhof an der Bobschule herausfinden, ob er sich zum Piloten eignet. "Ich werde es versuchen", sagt Andreas Bredau und fühlt sich durch ein großes Vorbild angespornt: "Schließlich begann Olympiasieger Christoph Langen auch als Anschieber."