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Gunda Niemann-Stirnemann Gunda Niemann-Stirnemann: Ein Comeback nicht einfach nur aus Spaß

Von Rüdiger Fritz 29.10.2003, 21:37

Erfurt/MZ. - Mann, oh Mann! - Kleemann, Niemann, Stirnemann. Nicht nur mit dem "mann" im Namen kann die Eisfee Gunda in ihren 37 Lebensjahren eine bemerkenswerte Kontinuität verweisen. Dass die Eisschnellläuferin des Jahrhunderts, zu der sie 1999 gekürt worden ist, sich am Wochenende zum weniger generös klingenden Comeback des Jahres auf den glatten Grund begibt, macht sie zu einer Gunda "Endlos".

Als unbekanntes Fräulein Kleemann wurde sie im DDR-Overall 1988 in Calgary trotz eines Sturzes schon Olympia-Siebte über 3 000 Meter. Dann, inzwischen mit dem Judoka Detlef Niemann verheiratet und dessen Namen tragend, schmolz sie im Glanze der beiden olympischen Goldmedaillen vor elf Jahren dahin. Oliver Stirnemann, einst ihr Manager aus der Schweiz, verhalf ihr durch die Heirat 1997 nicht nur zu einem neuen Namen.

Mit ihren in Serie produzierten Titeln und Weltrekorden, aber vor allem dem dritten Olympiasieg 1998 in Nagano, warf der Geschäftsmann auch die Gelddruckpresse an. Sponsoren, die vorher das frostige Eisschnelllaufen gemieden hatten, fanden es interessant auf der zweiten Haut der Gunda Niemann-Stirnemann mit um das Oval zu jagen.

Das Geld ist es nicht zuerst, das sie in Erfurt in der nach ihr benannten Eisschnelllauf-Halle das Wagnis eingehen lässt, vielleicht nie wieder frühere Erfolgszeiten zu erleben. Gold-Gunda, bodenständig und eine ehrliche Haut, gibt zu, dass neben der Liebe zu Ehemann Oliver und der am 24. Mai vorigen Jahres geborenen Tochter Victoria - dem Grund ihrer über zweieinhalbjährigen Wettkampfpause - noch eine weitere Begehrlichkeit besteht: Sie kommt vom Eis nicht los wie die Katze vom Naschen.

Ihr Alter ist es nicht, das sie an einer Rückkehr zweifeln ließ. Schließlich fährt die Französin Jeannie Longo mit Mitte 40 noch Radrennen auf höchstem Niveau. Die fast 39-jährige Heike Drechsler, schon 1983 Weltmeisterin und Mutter des 14 Jahre alten Tony, ist noch immer von der Weitsprungsucht befallen. Erfolgreiche Athleten hoch in die Dreißig sind auf der Weltbühne des Sports dank modernster Trainingsmethodik, entsprechender medizinischer Betreuung und Ernährung keine Seltenheit mehr. Aber die lange Pause hat bei Gunda Niemann-Stirnemann doch Unsicherheit hinterlassen. Ihr läuft die Zeit davon und sie vertröstet sich, sollte der Anschluss in diesem Winter noch nicht zu erreichen sein, höchstens auf die darauffolgende Saison.

Denn die Thüringerin wird nie und nimmer nur aus Spaß mitlaufen. Ihre einstige Trainerin Gaby Fuß erzählte einmal, dass der Ehrgeiz von Gunda nicht normal sei, sie müsse immer die Beste sein. Das könnte für die Läuferin zum Problem werden - wie Mitte der 90er Jahre die Umstellung auf den höhere Geschwindigkeiten zulassenden Klappschlittschuh. Damals waren ihr die Niederländerinnen enteilt. Die Deutsche geriet in eine Panik, die in Rücktrittsabsichten gipfelte.

Die Angst, zu versagen, verdrängt sie, indem sie sich weder auf Zeiten oder Plätze festlegt. Gunda Niemann-Stirnemann findet erst mal spannend, dass sie sich über 3 000 und 5 000 Meter wieder für den Weltcup qualifizieren muss. So etwas ist ihr noch nie passiert.