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Grüne Insel im Watt Grüne Insel im Watt: Hektik ist auf Pellworm ein Fremdwort

Von Andreas Heimann 13.06.2003, 09:28
Weithin sichtbar - der weiß-rot geringelte Leuchtturm von Pellworm fällt Urlaubern auf der Fähre schon vor dem Einlaufen in den Hafen ins Auge. (Foto: Pellwormer Inselwerbung/dpa/gms)
Weithin sichtbar - der weiß-rot geringelte Leuchtturm von Pellworm fällt Urlaubern auf der Fähre schon vor dem Einlaufen in den Hafen ins Auge. (Foto: Pellwormer Inselwerbung/dpa/gms) Pellwormer Inselwerbung

Pellworm/dpa. - Vom Deich im Westen Pellworms aus lässt sich der Charakter der Insel mit einem Blick erfassen: auf der einen Seite die scheinbar grenzenlose Nordsee, auf der anderen vor allem Getreidefelder und Weiden. Und genau dazwischen Dutzende von Schafen, die einen etwas gelangweilten Eindruck machen. Pellworm, die kleine Insel vor der schleswig-holsteinischen Westküste, hat keine aufregenden Attraktionen zu bieten. Wer hierher kommt, sucht Ruhe und Entspannung - und wird sie garantiert finden.

Selbst im Sommer ist Pellworm nie überlaufen. Anders als etwa auf dem Nachbareiland Amrum hat die Landwirtschaft überlebt. «Pellworm ist bäuerlich geprägt», sagt Bärbel Köster von der Kurverwaltung. «Es gibt rund 60 Vollerwerbsbetriebe, 15 Prozent davon Öko-Landwirte.»

Die Insel ist in vieler Hinsicht grün. Was fehlt, sind Sandstrände. Dennoch: «Es gibt einen großen Anteil von Urlaubern, die kommen immer wieder, manche seit Generationen», sagt der Inselpastor Manfred Adam. Einige kommen nur wegen der Musik: Die Alte Kirche an der Westseite der Insel birgt eine der berühmten Arp-Schnittger-Orgeln - die einzige Schleswig-Holsteins.

«Ein Glücksfall», sagt Adam. Seit gut 45 Jahren gibt es im Sommer eine Orgelkonzertreihe - «in den vergangenen zehn Jahren hatten wir dabei mehr als 30 000 Gäste.» Die Turmruine der Kirche ist zum Wahrzeichen Pellworms geworden. «In der Kirche selbst kann man einen Gang durch die europäische Baugeschichte machen», erläutert Adam: Der Chorraum stammt aus einem Vorgängerbau aus dem 11. Jahrhundert, der Altar ist spätgotisch, der Beichtstuhl aus dem 17. Jahrhundert.

Sich auf Pellworm fortzubewegen ist einfach - viele Touristen wählen das Fahrrad. Ein Auto ist verzichtbar, die Entfernungen sind kurz. Und notfalls gibt es noch das Inseltaxi. Die Straßen sind schmal, das Meer ist dennoch schnell erreicht: Am Anleger im Nordwesten der Insel ist die «MS Gebrüder» vertäut, das Schiff der Familie Hellmann, die Urlauber mitnimmt auf Touren ins Wattenmeer. Am Ruder steht Andreas Hellmann und steuert Richtung Norderoogsand.

Hellmann führt seine Passagiere dort über den Sandboden und nutzt die Gelegenheit, auch etwas über Herz- und Miesmuscheln zu erzählen oder über die sehr viel seltenere Wellhornschnecke. Für Fundsachen aller Art ist Norderoogsand überhaupt ein dankbares Revier: Hellmann hat hier schon alte Münzen und mehrere Flaschen Bordeaux entdeckt, die aus einem Schiff stammen, das 1856 in der Nordsee gesunken ist.

Zu den begehrtesten Fundstücken gehört Bernstein: «Im Winter nach einem Sturm fahren wir extra raus und kommen dann mit zwei Händen voll zurück», erzählt Hellmann. «In einem Jahr habe ich mal 6,5 Kilogramm in zwei Monaten gefunden.» Hellmann gibt auf der Insel inzwischen auch Kurse im Bernsteinschleifen. Erst werden die matten Fundstücke mit Sandpapier bearbeitet, dann mit Schlämmkreide und Spiritus poliert. Wenn der Stein blinkt, lässt er sich als Anhänger tragen - zur Erinnerung an die kleine grüne Insel im Wattenmeer.

Informationen: Kurverwaltung/Zentrale Zimmervermittlung, Uthlandestraße 2, 25849 Pellworm (Tel.: 04844/189 40 43, Fax: 04844/189 44)