Gesetzesänderung Gesetzesänderung: Deutschland bekommt ein neues Wahlrecht
Berlin/dapd. - Deutschland bekommt ein neues Wahlrecht. DerBundesrat billigte am Freitag eine Änderung des Bundeswahlgesetzes,die im September bereits vom Bundestag beschlossen wurde. DieOppositionsparteien, die sich bei der Entscheidung übergangenfühlen, reagierten empört auf den Alleingang von Schwarz-Gelb.
Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, ThomasOppermann, warnte am Freitag in Berlin vor einer Beschädigung derDemokratie: «Ich bedauere, dass Schwarz-Gelb heute das Wahlrecht imAlleingang im Bundesrat durchgesetzt hat.»
Sein Kollege von den Grünen, Volker Beck, das Wahlgesetz sei nachwie vor verfassungswidrig. Ein neues Wahlgesetz müsse auch dieÜberhangmandate abschaffen: «Durch Überhangmandate kann es dazukommen, dass eine Mehrheit an Wahlstimmen insgesamt nicht eineMehrheit an Sitzen abbildet. Das stellt die Demokratie auf denKopf.»
Beide Politiker bekräftigten die Absicht ihrer Partei, gegen dasneue Wahlrecht vor das Bundesverfassungsgericht zu ziehen. SPD undGrüne planen derzeit, eine Normenkontrollklage zu erheben. Für einesolche Klage ist ein Viertel der Mitglieder des Bundestagserforderlich. Gemeinsam verfügen SPD und Grüne über eineausreichende Zahl von Stimmen. Außerdem wollen auch die Linkenklagen.
Zwtl.: Auch Bürgerinitative will gegen Wahlgesetz vorgehen
Neben den Parteien kündigte auch eine Bürgerinitiative den Gangnach Karlsruhe an. Die Sprecher des Vereins «Mehr Demokratie» undder Internet-Seite «Wahlrecht.de» erklärten am Freitag in Berlin,sie wollten bis Ende des Monats eine Verfassungsbeschwerde einlegen.«Bis dahin möchten wir möglichst viele Menschen dafür gewinnen, sichder Klage anzuschließen», sagte Michael Elfler, Vorstandssprechervon «Mehr Demokratie».
Die Initiative beklagt, dass das Problem des «negativenStimmgewichts» durch die Neuregelung des Wahlrechts nicht verhindertwerde. «Es darf nicht passieren, dass man einer Partei mit einerStimme schaden kann», sagte Wilko Zicht, Initiator von«Wahlrecht.de».
Die Regelung des negativen Stimmgewichts ist eine Folge derbundesweiten Verrechnung von Zweitstimmen bei Bundestagswahlen inKombination mit Überhangmandaten. Künftig wird jedes Bundeslandseine Volksvertreter separat wählen und in den Bundestag entsenden.Anders als bisher werden die Zweitstimmen nicht mehr zwischen denLändern verrechnet. Reststimmen, die nicht für ein Mandatausreichen, sollen bundesweit verrechnet werden.
Mit der jetzt gebilligten Gesetzesänderung, die noch derBundespräsident unterzeichnen muss, werden Vorgaben desBundesverfassungsgerichts aufgegriffen. Es hatte im Juli 2008 dasnegative Stimmgewicht für verfassungswidrig erklärt und demGesetzgeber drei Jahre Zeit für eine Änderung eingeräumt.
Mit mehrmonatiger Verspätung wurde das Gesetz im September vomBundestag beschlossen. Damit werden Regelungen abgeschafft, diebewirken können, dass ein Zuwachs an Zweitstimmen zu einem Verlustan Sitzen der Landeslisten führt oder weniger Zweitstimmen mehrMandate zur Folge haben. Überhangmandate wird es mit dem Gesetz aberweiterhin geben.