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Fußball-Wettbetrug Fußball-Wettbetrug: Drei Haftbefehle im Schiedsrichterskandal erlassen

Von Andreas Schirmer 30.01.2005, 15:31
Die Schiedsrichter Thorsten Kinhöfer (M), Christian Schäfer (l) und Markus Scheibel, stehen auf dem Spielfeld. (Foto: dpa)
Die Schiedsrichter Thorsten Kinhöfer (M), Christian Schäfer (l) und Markus Scheibel, stehen auf dem Spielfeld. (Foto: dpa) dpa

Berlin/Düsseldorf/dpa. - Im Wettskandal um den geständigenSchiedsrichter Robert Hoyzer ist mit Jürgen Jansen erstmals einErstliga-Referee in den Mittelpunkt des öffentlichen Interessesgeraten. Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) hat wenige Stunden vor demBundesliga-Spiel am Sonntag zwischen Werder Bremen und Hansa Rostockden Essener Schiedsrichter «rein vorsorglich» zurückgezogen und durchLutz Wagner (Hofheim) ersetzt. Vehement bestritten hat Hertha BSC dieangebliche Verstrickung von drei seiner Spieler in die Affäre. DieBerliner Staatsanwaltschaft hat in der Nacht zum Samstag Haftbefehlegegen drei Beschuldigte erwirkt.

DFB-Präsident Gerhard Mayer-Vorfelder sagte am Sonntagabend, manhabe «auf indirektem Wege erfahren», dass bei Hoyzers Vernehmung vorder Staatsanwaltschaft Berlin «der Name Jansen gefallen sein soll».Einen Tatverdacht gebe es nicht. «Die Maßnahme wurde getroffen zumSchutz eines Schiedsrichters, der nach meinem derzeitigenErkenntnisstand nicht in den Zusammenhang mit einemManipulationsverdacht gebracht werden kann», erklärte DFB-Schiedsrichterobmann Volker Roth, der bereits im ersten «Ringtausch»den ursprünglich vorgesehenen Referee Stefan Trautmann durch Jansenersetzt hatte.

Nach Recherchen der «Süddeutschen Zeitung» (Montagausgabe) sindneben drei Schiedsrichtern acht Spieler aus den Clubs Chemnitzer FCund Dynamo Dresden sowie dem SC Paderborn in den Wettskandalverwickelt. Paderborns Präsident Wilfried Finke bestätigte, dass einSpieler Geld erhalten habe, das nach dem 4:2-Pokalsieg gegen denHamburger SV im Mannschaftskreis verteilt worden sei. Angeblich seider Spieler aufgefordert worden, sich im Strafraum fallen zu lassen,dann werde es Elfmeter geben. Tatsächlich wurden von Hoyzer zweiunberechtigte Strafstöße gegen den HSV verhängt.

Hoyzer soll in seiner Vernehmung eingeräumt haben, von Bekanntenaus dem Umfeld einer kroatischen Wett-Mafia in Berlin knapp 70 000Euro erhalten zu haben. Er habe vier Spiele manipuliert und dafürBeträge zwischen 5000 und 15 000 Euro erhalten. Zudem habe er nachAngaben der «Süddeutschen Zeitung» dem Schiedsrichter-Kollegen FelixZwayer, der vor eineinhalb Wochen als einer von vier Zeugen den Fallins Rollen gebracht hat, ein paar hundert Euro zugesteckt.

Bei den manipulierten Spielen soll es sich neben dem DFB-Pokalspiel SC Paderborn - Hamburger SV um die RegionalligaspieleEintracht Braunschweig - FC St. Pauli (5. Juni 2004), FC St. Pauli -VfL Osnabrück (14. August 2004) und das Zweitligaspiel LR Ahlen -Wacker Burghausen (22. Oktober 2004) handeln.

Hertha BSC will keine Konsequenzen aus einem Bericht desNachrichtenmagazins «Focus» ziehen, nach dem drei Spieler zu denGästen des Charlottenburger «Café King», das als Zockerlokal gilt,gehört hätten. Wenige Stunden vor der Sonntag-Partie gegen BayernMünchen bestätigte Hertha-Sprecher Hans-Georg Felder noch einmal,dass die betreffenden Profis Josip Simunic, Alexander Madlung undNando Rafael dabei sein werden: «Zwei von ihnen werden spielen, alledrei sind im Aufgebot.» Die drei Spieler hatten eine eidesstattlicheErklärung abgegeben, dass sie mit dem Wettskandal nichts zu tunhätten.

Die Berliner Staatsanwaltschaft hatte am späten SamstagabendHaftbefehle gegen drei Beschuldigte des Wettskandal erwirkt. EinBereitschaftsgericht am Amtsgericht Tiergarten ordnete dieUntersuchungshaft wegen «gewerbs- und bandenmäßigen Betruges» an.Diese Delikte können mit Freiheitsstrafen zwischen sechs Monaten undzehn Jahren geahndet werden. Die drei Männer waren am Freitag im Zugevon Durchsuchungsmaßnahmen vorläufig festgenommen worden.

128 Einsatzkräfte der Berliner Polizei und des LandeskriminalamtesBerlin waren zeitgleich an vier Orten in der Hauptstadt im Einsatz.Die drei Beschuldigten haben sich laut Staatsanwaltschaft zu dengegen sie erhobenen Vorwürfen bislang nicht geäußert. Es gebe keinenneuen Sachstand, teilte die Behörde am Sonntag mit. Bei der Razzia im«Café King» sollen nach einem Bericht des «Tagesspiegel» zweiWettscheine über Auszahlungen von Gewinnen von einer Million und 1,7Million Euro sichergestellt worden sein. Außerdem wurden dreihochwertige Autos und ein Bestellschein für einen Ferraribeschlagnahmt.

Der deutsche Fußball drängt auf eine rasche Aufklärung desWettskandals und erwartet schnelle Einsicht in die Ermittlungsaktender Berliner Staatsanwaltschaft. Er wolle am Montag einenentsprechenden Antrag bei der Behörde stellen, sagte derGeschäftsführende DFB-Präsident Theo Zwanziger. Der Vorsitzende derDeutschen Fußball Liga (DFL), Werner Hackmann, erwartet, dass dieSportgerichtsbarkeit innerhalb der nächsten 14 Tage überWiederholungsspiele als Konsequenz aus dem Wettskandal entscheidet.

Die Politik will die illegalen Sportwetten in Deutschland stärkerbekämpfen. Die Ministerpräsidenten der Bundesländer haben einenentsprechenden Auftrag an die Innenminister erteilt, bestätigte derrheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck der «FrankfurterAllgemeinen Sonntagszeitung». Das Thema stehe auch auf derTagesordnung der Ministerpräsidentenkonferenz am 14. April inBerlin.Ein konsequentes Durchgreifen fordert auch BundesinnenministerOtto Schily.