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Fußball Fußball: Trauer um Helmut Rahn und Lothar Emmerich

Von Hans-Hermann Mädler und Heinz Büse 14.08.2003, 15:34
Helmut Rahn (l.), der Schütze des spielentscheidenden 3:2 beim Fußball-WM-Endspiel Deutschland - Ungarn am 04.07.1954 im Wankdorf-Stadion von Bern, nimmt aus den Händen von Bundespräsident Theodor Heuss das Silberne Lorbeerblatt entgegen. (Archivfoto: dpa) (Foto: MZ)
Helmut Rahn (l.), der Schütze des spielentscheidenden 3:2 beim Fußball-WM-Endspiel Deutschland - Ungarn am 04.07.1954 im Wankdorf-Stadion von Bern, nimmt aus den Händen von Bundespräsident Theodor Heuss das Silberne Lorbeerblatt entgegen. (Archivfoto: dpa) (Foto: MZ) dpa

Hamburg/dpa. - Deutschlands Fußball-Fans trauern um den «Boss»und den Mann mit der «linken Klebe»: In der Nacht zum Donnerstag sinddie früheren Nationalspieler Helmut Rahn und Lothar Emmerichgestorben. Rahn wurde 73, Emmerich nur 61 Jahre alt. «Das ist einschwarzer Tag für den deutschen Fußball», sagte Ehrenspielführer Uwe Seeler, «es ist erschütternd. Ich bin tief betroffen und sehrtraurig.» Mit den beiden Außenstürmern hat der deutsche Fußball nachden Worten von Bundeskanzler Gerhard Schröder zwei herausragendePersönlichkeiten verloren: «Beide waren schon zu Lebzeiten zurLegende geworden.»

Sportminister Otto Schily sprach von einem «traurigen Tag» für dendeutschen Fußball: «Mit Helmut Rahn und Lothar Emmerich haben wirzwei große deutsche Sportler und Vorbilder verloren.» Emmerich wurdevom Krebs besiegt. Rahn erlag nach Angaben des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) zu Hause in Essen «einem langen und schweren Leiden».

Der «Held von Bern» bleibt durch sein Siegtor zum 3:2 in der 84.Minute des Weltmeisterschafts-Finales am 4. Juli 1954 gegen Ungarnunsterblich. «Rahn war und ist eine der letzten Legenden. Er hat eineganze Epoche bestimmt zusammen mit Fritz Walter», würdigte FranzBeckenbauer, Weltmeister von 1974 und Chef des WM-Organisationskomitees 2006, den besten Rechtsaußen in der deutschenFußball-Geschichte. Teamchef Rudi Völler, Weltmeister von 1990,zeigte sich «sehr bestürzt. Es ist traurig».

Der 40-malige Nationalspieler, der am Samstag 74 Jahre altgeworden wäre, hinterlässt seine Frau Gerti und zwei Söhne. Von derersten deutschen Weltmeister-Elf leben jetzt nur noch Horst Eckel,Hans Schäfer und Ottmar Walter, der sich tief betroffen vom Todseines Mitstürmers zeigte: «Er war für mich während unserer aktivenZeit immer ein echter Freund.» Rahn lebte seit über 20 Jahrenzurückgezogen in seiner Heimatstadt Essen.

In seiner berühmten Reportage schilderte Herbert Zimmermann dieentscheidende Szene des Berner WM-Finales mit den legendär gewordenenSätzen: «Aus dem Hintergrund müsste Rahn schießen, Rahn schießt, Tor,Tor, Tor, Tor.» Dieser Treffer und sein Schütze stehen auch imMittelpunkt des Spielfilms «Das Wunder von Bern» des deutschen Film-Regisseurs Sönke Wortmann, der ausgerechnet am Mittwochabend inFrankfurt wenige Stunden vor Rahns Tod eine Voraufführung erlebte.

Der am 16. August 1929 geborene Rahn startete seine Fußball-Karriere 1948 beim Landesliga-Club Oelde 09. Über die SportfreundeKaternberg kam er 1950 zu Rot-Weiß Essen, das er 1953 zum DFB-Pokalsieg und 1955 zur deutschen Meisterschaft führte. 1951 wurde ervon Sepp Herberger in die Nationalmannschaft berufen. In seinen 40Länderspielen schoss er 21 Tore. Im ersten Jahr der neugegründetenBundesliga wurde Rahn mit dem Meidericher SV Vizemeister.

«Ich habe ihn vor wenigen Wochen getroffen, da war er guter Dingeund hat gehofft», sagte Völler zum Tod von Emmerich, der seineLebensgefährtin Roswitha und die Kinder Nicole und Michaelhinterlässt. Bereits im Januar war bei Emmerich Lungenkrebsdiagnostiziert worden. Nach überstandener Chemotherapie zeigte sichder 61-Jährige optimistisch und kämpferisch. «Ich habe alle Chancen,wieder ganz gesund zu werden. Ihr kennt doch Emma - der war immer einKämpfer», sagte der einstige Torjäger von Borussia Dortmund. Vor etwavier Wochen erlitt «Emma», wie ihn seine Fans liebevoll nannten,einen Rückschlag.

Berühmt machte den Linksaußen ein Tor für die Ewigkeit. Bei derWeltmeisterschaft 1966 in England drosch der fünffacheNationalspieler beim 2:1 gegen Spanien den Ball aus unmöglichemWinkel zum Ausgleich ins Netz. Das «Jahrhundert-Tor» war geboren, derName des Schützen fortan in aller Munde. Bis zuletzt wurde derzweimaligen Bundesliga-Torschützenkönig und Vize-Weltmeister immerwieder auf diese Szene vom 20. Juni in Birmingham angesprochen.

Begonnen hat die Karriere des Bergmannssohns und gelerntenAutoschlossers beim SC Dorstfeld 09, ehe 1963 die Bundesliga lockte.Mit einer außergewöhnlichen Bilanz von 115 Toren in 183 Spielen warder Stürmer in den 60er Jahren einer der Besten seiner Zunft. «Ichhabe seine Spiele mit 15, 16 Jahren im Stadion Rote Erde verfolgt. Eshat mich immer mit Stolz erfüllt, dass er so viel für die Beliebtheitdes BVB und der Region getan hat», sagte Borussia-Clubchef GerdNiebaum. Emmerich lebte für den Fußball: «Gib' mich die Kirsche»,heißt der bezeichnende Titel eines Buches über den Torjäger, derseine Treffer am liebsten mit der «linken Klebe» erzielte.

Torjäger Helmut Rahn (l.) stürmt auf das jugoslawische Tor zu, verfolgt von Abwehrspieler Dobrsav Kristic (r.) - Archivbild. Rahn schließt die Aktion mit dem 1:0 ab. Es ist am 19.06.1958 im Stadion von Malmö im Viertelfinalspiel der Fußball-WM gleichzeitig der einzige Treffer, so dass am Ende die deutsche Mannschaft Jugoslawien mit 1:0 schlägt und in das Halbfinale einzieht. (Foto: dpa)
Torjäger Helmut Rahn (l.) stürmt auf das jugoslawische Tor zu, verfolgt von Abwehrspieler Dobrsav Kristic (r.) - Archivbild. Rahn schließt die Aktion mit dem 1:0 ab. Es ist am 19.06.1958 im Stadion von Malmö im Viertelfinalspiel der Fußball-WM gleichzeitig der einzige Treffer, so dass am Ende die deutsche Mannschaft Jugoslawien mit 1:0 schlägt und in das Halbfinale einzieht. (Foto: dpa)
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