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Fußball-Legende Bernd Bauchspieß Fußball-Legende Bernd Bauchspieß: Meister mit der zweiten Wahl

Von Gottfried Schalow 04.08.2003, 18:01

Leipzig/MZ. - Mit dem Doktor für Orthopädie, der seit den 70er Jahren seine eigene Praxis in Leipzig-Schönefeld hat, sprachen wir über diese turbulenten Tage.

"Spießer", wie er von seinen Freunden und Fans genannt wird, erlebte das Ganze zunächst in seiner Heimatstadt Zeitz. "Als Zeitz 1960 aus der Oberliga abstieg, wurde ich zum SC Dynamo Berlin delegiert. Daran war an und für sich nichts Schlimmes, nur das Problem, dass ich gerade mein Medizinstudium in Leipzig begonnen hatte und nicht bereit war, ständig zwischen beiden Städten hin und her zu pendeln", erinnert sich Bauchspieß an ein verlorenes Jahr. Am Ende sortierte Dynamo den Querulanten aus.

Mit Konsequenzen. Bauchspieß: "Einmal bei Dynamo in Ungnade gefallen, bedeutete auch, dass ich für den SC Leipzig nicht tragbar war. Allen Spielern, denen man nicht so recht über den Weg traute, blieb die Tür zum Vorzeigeverein verschlossen." Also heuerte ihn Chemie-Trainer Alfred Kunze für seinen Rest von Leipzig an. Was dann passierte, ist längst Legende: Die Zuschauer hielten's wie so oft im Leben von Anfang an mit den Kleinen. Das Stadion, das seit 1992 den Namen des Trainers Alfred Kunze trägt, platzte schnell aus allen Nähten. Ortsderbys gegen den SC Leipzig und Heimspiele gegen den ASK Vorwärts und Rostock fanden vor 60 000 Zuschauern im Zentralstadion statt. 20 000 mitgereiste Fans feierten schließlich in Erfurt Chemie als Meister.

Die Begeisterung um Chemie hatte für Bauchspieß auch persönlich etwas Gutes. "Der Ungar Karoly Soos, der zu dieser Zeit die DDR-Nationalmannschaft betreute und sich keinen Deut um Politik kümmerte, setzte 1964 meine Berufung in die Olympiamannschaft für Tokio durch. Am Ende gewannen wir Bronze. Auf weitere Länderspieleinsätze habe ich dann allerdings verzichtet. Die Studienbelastungen wurden einfach zu groß."

Mit Chemie, das seit 1990 FC Sachsen heißt, ist Bauchspieß lange durch dick und dünn gegangen, war bis vor drei Jahren im Vorstand. "Irgendwann war ich es aber leid, für alles und jeden den Kopf hinzuhalten. Es ließ sich auch mit meiner Verantwortung als Arzt nicht mehr vereinbaren, dass ich mir die Nächte serienweise um die Ohren schlug, um im Verein irgendetwas zu reparieren. Jetzt ist es mit dem Präsidenten Rocca endlich ruhiger geworden", sagt "Spießer". Und spätestens beim letzten Satz ist die nach wie vor vorhandene Lust zu spüren, den Arztkittel am Wochenende beiseite zu legen und den Fanschal herauszusuchen.