Fußball Fußball: Die zwei steinigen Wege zum Profi
HALLE/MZ. - Für Christoph Siefkes ist der Kontrollblick wie ein Ritual. Auch wenn er noch über eine Stunde Zeit hat bis zum Trainingsbeginn. "Ordnung muss sein", sagt er. Der Satz klingt geradezu selbstverständlich. Aber Ordnung herrschte nicht immer im Leben des 18-Jährigen.
Christoph Siefkes ist 2004 vom SV Dessau 05 nach Halle zum HFC gekommen. Damals in das Team der C-Junioren. Für ihn war das die Erfüllung eines Traumes. Inzwischen spielt er für die A-Junioren in der Bundesliga. Und dort hat der Stürmer in den ersten vier Spielen bereits sechs Treffer erzielt. Er führt die Torschützenliste an. Und nicht wenige in Halle sagen, dass der Verein seit Jahren kein so großes Talent mehr in seinen Reihe hatte.
Doch es gibt auch die andere Seite des Christoph Siefkes. Die des Jugendlichen, der seine Rolle außerhalb des Fußballplatzes lange Zeit vergeblich gesucht hat. Die des Teenagers mit gefährlich naivem Blick auf die Zukunft. Als er nach Halle kam, sah er nur noch den Sport. Die Freizeit verbrachte er mit Musikhören, Monopoly oder Playstation spielen. Mehr gab es für ihn nicht. Und so holte ihn das wirkliche Leben schnell ein. Siefkes musste die Schule nach der achten Klasse verlassen. Ohne Abschluss. Aber was, wenn eine schwere Verletzung den Traum von der Profi-Karriere zunichte macht? Was, wenn das Talent am Ende doch nicht reicht? Gedanken, die Siefkes ausgeblendet hat. "Wer immer gut trainiert, ist fit", sagt er. "Da ist das Risiko nicht so hoch." So klingt Naivität in der Praxis.
Hagen Schmidt kennt all dies aus eigener Erfahrung. Er ist Trainer der Bundesliga-Junioren. Und: Seine Karriere wurde einst durch einen zweimaligen Kreuzbandriss im linken Knie beendet. Im Alter von 31 Jahren. Viele erwischt es früher. Deshalb legen er und die Verantwortlichen beim HFC großen Wert darauf, dass die jungen Fußballer neben der sportlichen Ausbildung auch ihr berufliches Standbein nicht vernachlässigen. Der Klub besorgt Lehrstellen, Schul- und Studienplätze. Und so ist Schmidt nicht nur Trainer, sondern zugleich väterlicher Berater.
Er nahm Siefkes an die Hand und ging die zwei steinigen Wege zu einem guten Profi mit ihm gemeinsam. Er führte ihn auf dem Platz. Aber er besuchte auch Elternabende in der Schule, begleitet ihn zu Lehrergesprächen und bei Behördengängen. Im letzten Jahr hat sein Sturm-Juwel seinen Hauptschulabschluss nachgeholt. Mittlerweile wird sechs Mal pro Woche trainiert. Zugleich absolviert Siefkes ein berufsvorbereitendes Jahr zum Handwerker, Lageristen oder Logistiker.
Auf dem Platz hat Schmidt Christoph Siefkes die Verantwortung übertragen - als Kapitän. Spätestens seitdem hat der 18-Jährige neben Rechten auch viele Pflichten. Die erfüllt er mit Bravour, sein sportliches Empfehlungsschreiben könnte besser nicht sein. HFC-Cheftrainer Sven Köhler hat Siefkes schon einmal zum Training der Regionalliga-Männer eingeladen. Der hofft, dass sich das wiederholt. Schließlich will er wie alle talentierten Fußballer Profi werden. "Ein Vertrag bei den Männern des HFC wäre klasse und gut als Sprungbrett. Dann will ich in die Bundesliga", sagt er.