Formel 1 Formel 1: Schumi ist allgegenwärtig
Bad Nauheim/dpa. - Doch noch viel wichtiger: «Wir haben vonMichael viel lernen können. Wir haben damals gedacht, wir würden dasOptimale leisten können, Michael hat uns dann dann gezeigt, welcheMöglichkeiten es noch gibt», sagt Sportklinik-Leiter Johannes M. Peilüber die Arbeit mit dem vor rund einem Jahr zurückgetretenenRekordchampion. «Die Ärzte und Physiotherapeuten von der Sportklinikund ich haben einfach die gleiche Einstellung: Immer nach dem Optimumstreben», sagte Schumacher.
Eine knappe Autostunde vom Frankfurter Flughafen entfernt liegtdie Fitness-Schmiede deutscher Formel-1-Piloten. Körpertuning unterfachkundiger medizinischer Aufsicht. Nico Rosberg, Sebastian Vettel,Timo Glock, Nick Heidfeld, Ralf Schumacher oder auch Nico Hülkenberg- sie alle lassen oder ließen sich schon in der Sportklinik auf Herzund Nieren testen. Doch auch die VW-Starter der kommenden Dakar-Rallye, die Ski-Nationalmannschaft, Leichtathleten wie der Ex-Zehnkämpfer Christian Schenk oder auch Fechter Arnd Schmitt wurdenoder werden in Bad Nauheim in Form gebracht.
«Mit den Sportlern fangen wir dort an, wo wir bei den Patientenaufhören», sagt Stephan Wagner über die unterschiedlichen Ansprüche.Der diplomierte Sportwissenschaftler erstellt Trainingspläne für diePiloten genauso wie für rekonvaleszente Patienten. «Sie sind es, dieuns auf dem Boden halten», sagt Peil. Und so kommt es auch nichtselten vor, dass ein Glock oder auch ein Rosberg auf dem Laufbandschwitzen, während nebenan Patienten Gehversuche mit einer neuenkünstlichen Hüfte unternehmen.
Vor Belästigungen durch Autogrammjäger müssen sich die PS-Starsaber nicht fürchten. «Die Fahrer haben wie jeder andere Patient einAnrecht, in Ruhe gelassen zu werden», betont Wagner. «Nur wenn manvolles Vertrauen hat, hat man den Kopf frei», sagt MichaelSchumacher. «Wir haben lange in der Formel 1 zusammen gearbeitet, undwir arbeiten noch immer zusammen - ich denke, das spricht auf jedenFall für sich.»
Sechs Indoor- und zwei Outdoor-Tennisplätze, Badminton-Felder,eine Kletterwand und reichlich Feldwege zum sportlichen Beine-Vertreten oder aber zum Reiten stehen zur Verfügung. Sportschießenoder Schneeschuhlaufen sind - je nach Jahreszeit - auch möglich. «DieAbwechslung haben wir von Michael gelernt», erklärt Klinik-Chef Peil.
Michael Schumacher wird seit 2001 von der Sportklinik betreut. Wiefit der Rennrentner auch Ende 2007 noch ist, bewies er nicht nur beiseinen jüngsten Testfahrten. Diverse Werbeplakate zeigen Schumacherauch oberkörperfrei. «Es ist ja offensichtlich, dass für jedenSportler Physis und Gesundheit extrem wichtig sind», so der 38-jährige Schumacher. «Nur wenn in diesem Bereich alles okay ist, kannman seine Leistung voll bringen.»
Fitness ist bei Formel-1-Fahrern wichtig, aber auch nicht dereinzige Siegfaktor. «Eine starke Muskulatur ist jedoch die besteProphylaxe gegen Verletzungen», erklärt Peil. Wie ein Haltekorsettsollen die Muskeln vor allem den Halswirbelbereich stützen. Dochzählt bei Piloten nicht Masse, sondern Klasse. Ein Cockpit bietetnicht viel Platz, dicke Muskeln wären hinderlich.
Nicht nur deswegen muss auch der ein oder andere Rennfahrer schonmal gebremst werden. «Kalkulierte Gefahr» nennen die diplomiertenPhysiotherapeuten das. Die Erkenntnis, dass es der Sportlerübertrieben hat, stellt sich mit der länger als gewohnt anhaltendenErschöpfung ein. Genauso können die Sportwissenschaftler,Physiotherapeuten und Mediziner aber diejenigen überführen, die stattVollgas zu geben, an freien Tagen eher Leerlauf hatten.
Damit die Piloten auch während der mehrmonatigen WM-Saisonbestmöglich betreut werden, übernehmen jeweils zwei Physiotherapeuteneine Saison. «Bei Michael waren das bis zu 350 Tage im Jahr», sagtPeil. Um bösen Überraschungen vor allem auf den unzähligenAuslandsreisen vorzubeugen, beziehen die fachkundigen BetreuerMedizin oder Nahrungsergänzungsmittel von zwei Apotheken und einemPharma-Unternehmen. «Denn das Schlimmste, was passieren kann, ist,dass man in einem fremden Land ein verunreinigtes Mittel kauft»,betont Peil mit Blick auf die eigenen Kontrollmechanismen in SachenDoping.
Allerdings, so meinte Peil auch, bringe der Einsatz vonDopingmitteln in der Formel 1 ohnehin nicht viel. Es sei denn, manwolle Faulheit damit wettmachen. Allein deswegen hatte der topfitteund ehrgeizige Schumacher Doping nie nötig. «Wir hatten nur zweiTherapeuten, die er im Ausdauerbereich nicht geschlagen hat»,erinnert sich Peil, nicht ohne zu Schmunzeln.