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Fisherman's Friend StrongmanRun Fisherman's Friend StrongmanRun: Wie aus einer Fischerpastille eine Weltmarke wurde

22.06.2016, 11:12

Ferropolis - Alles begann im beschaulichen Fleetwood in der Grafschaft Lancashire im Nordwesten Englands. Dort arbeitete Mitte des 19. Jahrhunderts der Apotheker James Lofthouse fieberhaft an einem Mittel gegen die Hals- und Bronchialleiden der Hochseefischer, die von Fleetwood in die Eiseskälte der isländischen Gewässer aufbrachen. Nach langwierigen Experimenten hatte er die Lösung gefunden – eine Mischung aus Lakritze, Eukalyptus und Menthol. Im Jahr 1865 fing er an, seine Rezeptur zu verkaufen.

Von flüssiger Rezeptur zu Pastillen

Noch war das Mittel allerdings flüssig. Die Tinktur mit dem intensiven und starken Geschmack lutschte man bei Husten mit einem Stück Zucker. Doch obwohl die Inhaltsstoffe den Fischern auf den Leib geschneidert waren, hatte die Erfindung einen kleinen Haken – die Fläschchen mit der Tinktur zerbrachen auf hoher See sehr leicht. Der findige Apotheker schuf jedoch sofort Abhilfe: Er verdickte das Präparat und daraufhin konnte es flach gepresst, in Pastillenform ausgestanzt und langsam getrocknet werden. Das fertige Mittel bekam auch einen neuen Namen, der schon bald in aller Munde sein sollte: „Mr. Lofthouse’s Hals- und Brustpastillen“. Bei den starken Männern aus Fleetwood erfreuten sich die Pastillen größter Beliebtheit und viele wollten ohne ihre neuen „Freunde“ schon gar nicht mehr auslaufen. Und aus Bestellungen der Seemänner in Lofthouse‘s Apotheke wie „Ein Dutzend Freunde“ entwickelte sich ganz von alleine ein neuer Markenname – „Fisherman‘s Friend“ war geboren.

Fast hundert Jahre blieb der Verkauf der starken Begleiter auf den Landstrich um Fleetwood beschränkt. Erst Doreen Lofthouse, die Frau von Tony Lofthouse (Urenkel von James Lofthouse) erkannte das große Potenzial von „Fisherman‘s Friend“ und begann, das Präparat über die Grenzen der Grafschaft Lancashire hinaus zu verkaufen. Trotz ihrer Zuversicht war sie selbst verblüfft über die niemals enden wollende Nachfrage. „Wir kamen mit den Lieferungen einfach nicht mehr nach“, erinnert sie sich. „Die Leute wollten immer mehr. Tagsüber verkauften wir, nachts mussten wir verpacken.“

Von England in die Welt

Nach wenigen Jahren war die Nachfrage so groß geworden, dass sie einen Kredit aufnehmen musste, um eine kleine Fabrik zu kaufen. 3.000 Pfund bekam sie von einer skeptischen Bank, während ihr Mann Tony noch an der Idee zweifelte. Aber Doreen Lofthouse wusste, dass ihr Geld gut angelegt war...

Der Durchbruch folgte im Jahr 1974. Aus dem Nichts kam die Anfrage eines befreundeten Importeurs, der testen wollte, ob man Fisherman‘s Friend auch ins Ausland verkaufen konnte. Doreen Lofthouse willigte ein und verschiffte zu Testzwecken kostenlos eine große Kiste nach Norwegen. Die belieferten Verkäufer trauten ihren Augen nicht. „Die Pastillen flogen wie Raketen aus ihren Regalen“, entsinnt sich Doreen Lofthouse. Aus Kisten wurden Container und die Liste der Bestellungen nahm kein Ende.

„Ich hatte das Gefühl, jemand hatte eine Schleuse geöffnet und mich mit der Nachfrage förmlich überschwemmt.“ Auf Norwegen folgte Finnland, dann Schweden, 1977 Deutschland und schließlich die ganze Welt.

Das Erstaunlichste an der Erfolgsgeschichte der Kultpastille Fisherman‘s Friend ist aber nicht nur der riesige Geschäftserfolg, sondern die Tat´sache, dass die Firma Lofthouse trotz allem ein sympathisches Familienunternehmen geblieben ist, das seinen Wurzeln und Werten aus der Anfangszeit immer treu geblieben ist.

Man mag es kaum glauben, dass hinter Fisherman‘s Friend kein multinationaler Konzern steht, sondern eine bescheidene Familie, die fast alle ihrer 280 Mitarbeiter persönlich kennt. Viele der Mitarbeiter arbeiten seit mehr als 30 Jahren in der Fabrik in Fleetwood. Als Vorsitzende bestimmt Doreen Lofthouse, auch heute noch die Geschicke der Firma. Erfolg hat ihrer Meinung nach nichts mit Geld zu tun: „Meine Definition von Erfolg ist, dass man eine Firma mit ethischen Standards leitet und sich um seine Mitarbeiter kümmert. Es zahlt sich am Ende des Tages aus, wenn man sich Mühe gibt. “

Dass der Firma Mitmenschen am Herzen liegen, ist kein Geheimnis. Doreen Lofthouse wurde erst kürzlich für ihr Engagement mit dem OBE-Award (Order of the British Empire) ausgezeichnet, einer der höchsten Auszeichnungen, die man in Großbritannien erlangen kann – ähnlich dem Bundesverdienstkreuz. Wohltätigkeit zieht sich wie ein roter Faden durch die Firmengeschichte. Die von Doreen Lofthouse ins Leben gerufene „Lofthouse Foundation“ bestimmt beispielsweise seit vielen Jahren auch das tägliche Leben in der Heimatstadt Fleetwood. So finanzierte sie großzügig die Feierlichkeiten zum 150. Geburtstag der Stadt oder rief 1993 durch ihre Spenden den „Fisherman‘s Walk“ ins Leben, eine Fußgängerzone im Zentrum von Fleetwood.

Auch die Fischer wurden von der Lofthouse Foundation bedacht. „Welcome-Home“ nennt sich die Bronzestatue, die an die Zeiten erinnert, in denen Familien am Ufer auf ihre Männer warteten, die auf Trawlern vom Fischfang nach Hause kamen. Selbst die Klinik von Fleetwood freut sich über Fisherman‘s Friend – die Stiftung spendete hochmoderne Röntgentechnologie im Wert von einer halben Million Pfund. James Lofthouse und seiner Erfindung sei Dank!

Auch die Pastillen selbst sind ihren Anfängen treu geblieben und werden immer noch nach der ursprünglichen Rezeptur hergestellt. Nur über die Vielfalt des heutigen Fisherman‘s Friend Sortiments hätten sich die Hochseefischer von damals mit Sicherheit gefreut. Über die Jahre haben sich nach und nach insgesamt dreizehn Geschmacksrichtungen entwickelt.

Zwölf davon sind in Deutschland erhältlich: Auf die Originalrezeptur (1865) folgten Anis (1977), Extra Stark ohne Zucker (1981), Mint (1983), Mint ohne Zucker (1991), Lemon ohne Zucker (1997), Cool Cinnamon ohne Zucker (2000), Salmiak ohne Zucker (2002), Wild Cherry ohne Zucker (2003), Cool Citrus ohne Zucker (2005), Cool Cassis ohne Zucker (2007) und Lakritz ohne Zucker (2008) – allesamt ohne jegliche Farb- oder Aromastoffe.

Die starken Pastillen sorgen nicht nur für einen frischen Atem, sondern zudem für eine mentale und körperliche Erfrischung. Die Fisherman‘s Friend Pastillen erfüllen auch heute, fast 150 Jahre nach James Lofthouse‘s Apotheke, noch pharmazeutische Standards und werden unter strengen Qualitätskontrollen hergestellt. Tierische Bestandteile sucht man vergeblich, und so sind alle Sorten auch für Vegetarier geeignet. Da Fisherman‘s Friend weltweit verkauft wird, ist die Fabrik in Fleetwood als koscher zertifiziert.

Beim Konsum der Freunde liegt Deutschland übrigens in der Spitzengruppe. Das liegt aber nicht etwa am rauen deutschen Klima, denn auf Lutschweltmeister Norwegen folgt das warme Singapur. Alles in allem werden weltweit 6 Milliarden Fisherman‘s Friend Pastillen konsumiert. Aufgereiht würden sie damit drei Mal den Erdumfang umspannen.