1. MZ.de
  2. >
  3. Varia
  4. >
  5. FC Bayern München AG: FC Bayern München AG: Buhrufe für Beckenbauer

FC Bayern München AG FC Bayern München AG: Buhrufe für Beckenbauer

15.02.2002, 16:21

München/dpa. - Als nach einer hitzigen Debatte mit Buhrufen undPfiffen gegen den «Kaiser» die Stimmung in der Olympiahalle zu kippendrohte, griff ein sichtlich erzürnter Franz Beckenbauer im Kampf umdie FC Bayern München AG zum letzten Mittel. Kurzerhand erhob derPräsident die entscheidende Abstimmung über die Ausgliederung desFußball-Bereichs in eine Kapitalgesellschaft zur «Vertrauensfrage»über die bewährte Führungscrew des größten deutschen Sportvereins(93 931 Mitglieder). «Diejenigen, die mit Nein stimmen, sind die, diedem Präsidium nicht vertrauen», rief Beckenbauer den 1513 Mitgliedernauf der Außerordentlichen Jahreshauptversammlung warnend zu.

Wenig später herrschte wieder Harmonie beim Weltpokalsieger: Mit92 Prozent Zustimmung folgten die Mitglieder Beckenbauer und Co. fasteinträchtig in ein neues Zeitalter; schon 75 Prozent hätten gereicht.«Unter dem Strich ist das Ergebnis entscheidend», kommentierte derkünftige Vorstandsvorsitzende Karl-Heinz Rummenigge. Groß ändernwerde sich nichts, versicherte der bisherige Vize-Präsident. Fürsportlichen und wirtschaftlichen Erfolg bleiben in erster Linie diederzeit schwächelnden Profis verantwortlich: «Die Mannschaft ist dieKuh, die die Milch gibt, unabhängig von FC Bayern AG oder e.V.»

Das Aufatmen in der Führungsriege war dennoch groß. Denn mit derUmwandlung ist zunächst die Finanzierung des neuen Fußball-Stadions,das mindestens 280 Millionen Euro kosten wird, gesichert. Jetzt kannder Sportartikelhersteller adidas als erster und vorerst einzigerstrategischer Partner für 77 Millionen Euro zehn Prozent der Anteilean der AG übernehmen. «Ein Wahnsinnspreis», jubelte Manager UliHoeneß, der wegen des Stadionbaus selbst für den Bundesliga-Krösusunverzichtbar sei: «Wir brauchen ja das Geld», so Hoeneß.

Der Börsenwert der FC Bayern AG lässt sich durch den adidas-Dealauf 770 Millionen Euro hochrechnen. Doch der Börsengang blieb auch amDonnerstag eine diffuse Perspektive. Beckenbauer nannte ihn zunächst«nicht vorgesehen». Dann sprach er von «zwei, fünf oder zehn Jahren».Hoeneß dagegen will nach der aufreibenden Debatte mit dem Club-Volkvorerst nichts mehr vom Börsengang hören: «Dieser Abend hat gezeigt,dass es nicht so ratsam ist, an die Börse zu gehen», sagte er.

Bei den Wortmeldungen hatte allen voran das Mitglied Prof. Dr.Thomas Stobbe aus München die Bayern-Bosse in Rage gebracht. «Ihralle seid Mitglieder zweiter Klasse», warnte Stobbe vor einem «Ja».Ängste wurden geschürt, dass der FC Bayern eines Tages in die Handvon Konzernen fallen könnte. Beifall gab es zudem für Forderungen,auch den Mitgliedern den Erwerb von Bayern-Aktien zu ermöglichen.

Beckenbauer sah sich schließlich gezwungen, den Mitgliedern sein«Ehrenwort» zu geben, dass bei einem Börsengang «sie in erster Liniebedacht werden». Für die Behauptung, Redner wie Stobbe seien wohl«hergeschickt» worden, um «etwas zu untergraben», erntete er lauteProteste. Aber auch Rummenigge nannte Leute wie Stobbe «gefährlich»,von «Demagogie» redete Hoeneß. «Wenn ich höre, in Zukunft haben dieMitglieder nichts mehr zu sagen, so ist das der größte Blödsinn, denich jemals gehört habe», polterte der Manager.

Neben Hoeneß und Rummenigge wird Geschäftsführer Karl Hopfnerdrittes Mitglied im bezahlten Vorstand der AG sein. Die Laufzeit derVerträge soll fünf Jahren betragen, wie bei den Mitgliedern desAufsichtsrates, dem Beckenbauer vorsteht. Neben Vize-Präsident FritzScherer und dem Vorsitzenden des Verwaltungsbeirates, Eckhart Müller-Heydenreich, sollen noch drei weitere Aufsichtsratmitgliederhinzukommen. Einer davon soll adidas-Chef Herbert Hainer sein.