Europäische Spezialitäten Europäische Spezialitäten: Knusprig und lecker gefüllt: Oblaten

Dillingen/dpa. - Angeblich soll die Spezialität mit der Füllung aus Nüssen,Mandeln, Zucker, Butter und Vanille im 19. Jahrhundert Kurgästen denmedizinisch verordneten Verzicht auf kalorienreiche Mehlspeisenerleichtert haben.
Abgesehen von ihrer Dünne, unterscheiden sich Oblaten vonherkömmlichen Waffeln dadurch, dass sie - ähnlich wie die Hostien -ohne Backtriebmittel hergestellt werden, erklärt Hans Hackspacher,Geschäftsführer der Karlsbader Oblaten- und Waffelfabrik Wetzel inDillingen an der Donau (Bayern). Zwischen zwei Eisenformen mitschmückender Gravur vorgebacken, verwandeln sich die eigentlichgeschmacksneutralen Blätter durch ihr Innenleben zur süßenSpezialität. Denn die gefüllten Oblaten werden erneut gepresst undkurzfristig stark erhitzt. Dadurch karamellisiert und aromatisiertder Zucker, erklärt Hackspacher. Der Zucker halte das luftige Gebäckschließlich zusammen.
Die inzwischen 80-jährige Seniorchefin des Unternehmens, MarleneWetzel-Hackspacher, brachte das Oblaten-Rezept bei ihrer Flucht imJahr 1946 aus Marienbad, dem heutigen Marianske Lazne, mit nachBayern. Die Rezeptur hatte sie im Kopf, ein Waffeleisen imKinderwagen. Beides wurde zum Grundstock ihres inzwischen in alleWelt exportierenden Oblaten- und Waffelgeschäftes. Hinzu kamSachverstand, denn die tatkräftige Frau hatte die süße Kunst in derKonditorei und Oblatenbäckerei ihres Schwagers in Marienbad gelernt.Weltruhm erlangten die spröden Waffeln dennoch unter ihrem KarlsbaderNamen.
Ein im Hostienbacken erfahrener Koch des Stifts Teplá in der Nähevon Marienbad schuf angeblich die erste Dessert-Oblate. Von einemfindigen Bäcker im Jahr 1856 übernommen, entwickelte sich über dieJahrhundertwende hinaus in den noblen Bädern Westböhmens einlukratives Geschäft um die krosse Süßigkeit. «Wir verkauften sie heißan die Kurgäste», erinnert sich Marlene Wetzel-Hackspacher an ihreböhmische Zeit.
Viele Kunden nahmen das Knusperteil in dekorativen Kartons oderBlechdosen als Souvenir mit oder ließen es sich in alle Weltnachschicken. Noch heute werden Karlsbader Oblaten auch in den USA,Kanada und Australien geknabbert. Importe aus dem Ursprungsland desGebäcks, aus Tschechien, hatten dabei bisher gegen den Marktführeraus Bayern keine Chance.