Eishockey Eishockey: Drama um Stefan Ustorf
BERLIN/MZ. - Es war toll gelaufen in der vergangenen Saison für Eishockeyspieler Stefan Ustorf. Sein Team, die Berliner Eisbären, war auf dem Weg zur deutschen Meisterschaft nicht aufzuhalten. Routinier Ustorf spielte in den Playoffs überragend und dachte, als der verdiente Lohn eingefahren war, an Rücktritt. "Ich habe meine Familie vermisst und gedacht, mit einem Meistertitel abzutreten, ist eine schöne Sache", erzählte der 128-malige Nationalspieler . Seine Frau habe ihn damals überzeugt, weiterzumachen.
Ein Check änderte sein Leben
Gut möglich, dass sich Jodi Ustorf nun Vorwürfe macht. Ein zu hoch angesetzter Check des Hannoveraners Gerrit Fauser im Spiel der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) am 6. Dezember veränderte Stefan Ustorfs Leben. Der inzwischen 38-Jährige erlitt ein Schädel-Hirn-Trauma. Das ist keine Seltenheit im Eishockey. Doch bei Ustorf, der sich zuletzt im Kreis der Familie in seiner Wahlheimat im US-Bundesstaat Ohio erholte und bald zu weiteren Untersuchungen in Berlin erwartet wird, sind die Folgen besonders gravierend. Weil sein Gehirn nach mehr als zwei Jahrzehnten Profi-Eishockey schon vor dem fatalen Zweikampf am Nikolaustag Schaden genommen hatte.
So entdeckte sein Arzt Ingo Schmehl in der linken Hirnhälfte des Eisbären-Kapitäns - nahe dem Sprachzentrum - eine ältere Narbe, die vermutlich auf eine Verletzung durch wiederholte Gehirnerschütterungen zurückgeht. Nach neuropsychologischen Tests wurden bei Ustorf Probleme bei der Suche nach den richtigen Worten und eine Aufmerksamkeitsstörung diagnostiziert. "Im normalen Gespräch macht sich das nicht bemerkbar. Es kann im Alter Probleme machen", sagte der Ex-Kapitän der Nationalmannschaft in Bild.
Ustorf berichtete, es gehe ihm besser als vor vier Wochen, aber nur, wenn er nichts tue. "Steigt der Puls bei körperlicher Anstrengung, wird es schlechter." Eine Rückkehr aufs Eis ist fast ausgeschlossen. "Allgemeinverständlich formuliert: Die Schnelligkeit im Kopf ist nicht da, und dann kommen Probleme mit der Koordination hinzu", erläutert Neurologe Schmehl.
Schmehl zufolge wird dem Problem der Folgeschäden durch wiederholte Schädel-Hirn-Traumata in Risikosportarten wie Eishockey und Boxen erst neuerdings die gebührende Aufmerksamkeit zuteil. "Es wird noch zu viel übersehen. In Amerika ist man da bereits sensibilisiert. Und das schwappt jetzt zu uns herüber."
Auch Superstar Crosby betroffen
Jenseits des Atlantiks tobt eine Debatte um intensivere medizinische und diagnostische Betreuung sowie um Regeländerungen zum besseren Schutz der Spieler vor Checks gegen den Kopf, seit Eishockey-Superstar Sidney Crosby mit den hartnäckigen Folgen einer Gehirnerschütterung kämpft, die seinem ersten Comeback-Versuch rasch ein Ende bereitet hatten.
Jetzt will auch die DEL nachziehen. Geschäftsführer Gernot Tripcke erwägt, Profis künftig nicht nur von Kardiologen und Orthopäden, sondern auch von Neurologen untersuchen zu lassen.