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Doping in der Leichtathletik Doping in der Leichtathletik: Prozess gegen Thomas Springstein in Magdeburg geht weiter

Von Andreas Schirmer 16.01.2006, 09:50
Die Hauptbelastungszeugin Anne Kathrin Elbe und ihr Anwalt Joachim Strauss sind am Montag (9. Januar 2006) im Magdeburger Amtsgericht auf dem Weg in den Verhandlungsraum. Die Hürden-Läuferin soll im Prozess gegen Leichtathletik-Trainer Thomas Springstein aussagen.
Die Hauptbelastungszeugin Anne Kathrin Elbe und ihr Anwalt Joachim Strauss sind am Montag (9. Januar 2006) im Magdeburger Amtsgericht auf dem Weg in den Verhandlungsraum. Die Hürden-Läuferin soll im Prozess gegen Leichtathletik-Trainer Thomas Springstein aussagen. dpa-Zentralbild

Magdeburg/dpa. - «Ich war fassungslos undgeschockt, als ich erfahren habe, dass da Testosteron drin gewesenist», sagte Anne-Kathrin Elbe, die damals erst 16 Jahre alt war. Vonder Staatsanwaltschaft vorgelegte E-Mails von Springstein überDoping-Pläne warfen zusätzlich kein gutes Licht auf den Coach.

Anne-Kathrin Elbe, die von Anfang 2000 bis Ende 2004 in der«Sprintschule Grit Breuer» in Magdeburg trainierte, will von den vonSpringstein in den Trainingslagern in den USA und in Zinnowitz auseinem «schwarzen Aktenkoffer» erhaltenen Pillen höchstens am Anfangein paar genommen haben. Der Sprint-Coach habe sie aber dazuverdonnert, niemandem etwas über die erhaltenen Tabletten zu sagen:«Ich sollte nicht darüber reden, Stillschweigen bewahren und auchmeinen Eltern nichts sagen.» Am Ende des Trainingslagers in Zinnowitzhabe sie ein Fläschchen mit Pillen nach Hause genommen, aufbewahrtund nach einem Jahr an den Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV)weitergegeben, der Anzeige erstattete.

Neben den weißen und braunen Tabletten in den Fläschchen, die beieiner Analyse als Doping-Mittel entlarvt wurden, will die Sprinterinauch noch blaue Kapseln an normalen Trainingstagen in Magdeburg vonSpringstein bekommen haben: «Er hat sie aus der Hosentasche gezogen,wir mussten sie in seinem Beisein einnehmen.» Nach ihrer Aussagehätten auch ihre Ex-Trainingspartnerinnen Julia Lesse und Anne-MariaLehmann Pillen von ihrem Ex-Coach erhalten.

Die Mutter von Anne-Katrin Elbe hatte zuvor den Verlauf derDoping-Affäre im Wesentlichen bestätigt, nur im Detail andersdargestellt. Danach hatte ihre Tochter von dem Trainingslager inOrlando/USA das Fläschchen mit weißen und braunen Tablettenmitgebracht. Ihre Tochter hatte ausgesagt, sie erst nach dem Camp inZinnowitz mitgebracht zu haben.

Erst ein Jahr später hätte ihre Tochter dem Bundestrainer ThomasKremer in einem Gespräch von diesen Pillen erzählt, der daraufhineine Analyse vorschlug. Die Tabletten mit dem später festgestelltenDoping-Wirkstoff Testosteron-Undecaonat habe ihre Tochter aber nacheinem Wettkampf im Mai 2004 nicht Kremer direkt übergeben, sondernüber die Dortmunder Sprinterin Sarah Battke an ihn weitergeleitet.«Er wollte sie nicht haben», sagte Petra Elbe. Dazu, dass Eltern undTochter überhaupt so lange gewartet haben, bevor die Sache ins Rollenkam, meinte sie: «Wir wollten nicht der Grund sein, dass sie ihreLaufbahn aufgeben muss.»

Für Springstein-Rechtsanwalt Peter-Michael Diestel waren dieAussagen von Mutter und Tochter widersprüchlich: «Verwundert kann manfeststellen, dass an Herrn Springstein nichts hängen geblieben ist,was wichtig wäre.»

Vor der Vernehmung von Anne-Kathrin Elbe sorgte StaatsanwältinAngelika Lux mit Beweisanträgen für Paukenschläge. Sie beantragte,mehrere bei einer Razzia am 28. September 2004 im Springstein-Hausbei Magdeburg sichergestellte E-Mails als Beweise zuzulassen. Darausgeht hervor, dass Springstein sich nicht nur über Testosteron-Präparate für Frauen informiert, sondern Bestellungen für im Sportverbotene Mittel aufgegeben und bei Doping-Experten um Pläne fürderen wirksame Anwendung gebeten hat. Auch zu Blutdoping undWachstumshormon hat er sich auf dem Internet-Weg erkundigt.

So fragte «Thomas» am 11. Juli 2004 einen «Doc»: «Die neueTrainingsperiode fängt an. Bitte mache uns ein Programm für diekommenden acht Wochen.» Bei der Anfrage ging es offenbar auch umeinen wirkungsvollen Einsatz von Stimulanzien und dem Muskelbildenden Insulin Ultratat. Auch die 400-Meter-Europameisterin GritBreuer, die zu dem Zeitpunkt vor ihrem Comeback nach Verletzungstand, wurde in der Mail genannt. Die Lebensgefährtin vonSpringstein, der die E-Mail-Adresse «topspeed» hat, hatte am 28.Dezember ihren Rücktritt erklärt.

Leichtatheltik-Trainer Thomas Springstein (l.) und sein Anwalt Peter Michael Diestel stehen am Montag (9. Januar 2006) im Gerichtssaal des Amtsgerichts Magdeburg. (Foto: dpa)
Leichtatheltik-Trainer Thomas Springstein (l.) und sein Anwalt Peter Michael Diestel stehen am Montag (9. Januar 2006) im Gerichtssaal des Amtsgerichts Magdeburg. (Foto: dpa)
dpa-Zentralbild