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Doping in der Leichtathletik Doping in der Leichtathletik: Noch ein Athlet im Visier

Von Andreas Schirmer und Ulrike John 21.11.2006, 16:41

Berlin/Stuttgart/dpa. - «Aus verfahrenstechnischen Gründen nennen wir keinen Namen. Eshandelt sich dabei aber um keinen Topstar«, sagte DLV-PressesprecherPeter Schmitt der dpa. Der Athlet muss ebenso wie 800-Meter-Olympiasieger Nils Schumann und die frühere 400-Meter-Läuferin GritBreuer bis Montag eine Stellungnahme abgeben. Das prominente Duoschwieg auch am Dienstag. Hingegen wehrte sich der vom DLV angezeigteLeichtathletik-Manager Jos Hermens gegen die massiven Vorwürfe.

«Es geht um den möglichen Besitz von Dopingmitteln», sagte DLV-Justiziarin Anne Jakob der «Thüringer Allgemeinen» (Dienstagsausgabe)zum Fall Schumann/Breuer. Nach einem Bericht der «FrankfurterAllgemeinen Zeitung» hat der DLV in den Akten aus dem Prozess gegenThomas Springstein, der die beiden trainierte, Erkenntnisse über dieeingesetzten verbotenen Substanzen gewonnen. Dabei handele es sich umdas Wachstumshormon Erythropoietin (EPO), Insulin und Anabolika.

Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) hat die Anzeigen begrüßt.«Ich kann den DLV nur beglückwünschen, dass er die Konsequenzengezogen hat», sagte DOSB-Präsident Thomas Bach bei einem Anti-Doping-Forum in Berlin. Für Dagmar Freitag, SPD-Mitglied im Sportausschuss,könnte das Vorgehen des Verbandes den Befürwortern eines Anti-Doping-Gesetzes neue Argumente liefern. «Es könnte passieren, dass dieGrenzen der Sportgerichtsbarkeit aufgezeigt werden, wenn Grit Breuersich durch einen Vereinsaustritt wie einst ihr Trainer ThomasSpringstein entzieht.» Grünen-Politiker Winfried Hermann hält denSchritt des DLV für «beeindruckend und mutig».

DLV-Präsident Clemens Prokop plädiert vor dem Hintergrund derjuristischen Aktion seines Verbandes für eine Intensivierung derZusammenarbeit zwischen Sport und Staatsanwaltschaften. Der FallSpringstein sei ein Jahrhundertereignis, bei dem dieStaatsanwaltschaft Magdeburg aktiv geworden ist. «Dieser Ausnahmefallsollte die Regel sein, Staatsanwaltschaften sollten die Ermittlungenübernehmen», sagte Prokop, der Befürworter eines Anti-Doping-Gesetzesist. Der DLV hätte nach jedem positiven Doping-Fall Strafanzeigeerstattet: jedes Mal seien die Verfahren eingestellt worden.

Der spanische Arzt Miguel Anguel Peraita, gegen den der DLVebenso wie gegen Hermens Strafanzeige bei der StaatsanwaltschaftMagdeburg erstattet hat, soll die Sportler untersucht und eingestellthaben. «Das ist doch der absolute Wahnsinn. Ich habe nie was mit demHandel von Dopingmitteln zu tun gehabt», sagte Hermens der dpa. Dermächtigste Manager der Leichtathletik-Szene bestätigte aber auch,dass Schumann und Breuer Kontakt zu Peraita hatten.

Seine mehr als 100 Athleten würden weltweit mit etwa 20 Ärztenzusammenarbeiten. Dass es Unterlagen geben soll, wonach er inDopinggeschäfte verwickelt sein soll, könne er nur so erklären: «Ichbezahle so viele Sachen für die Athleten, die haben alle ein Kontobei uns.» Vielleicht sei dabei eine verdächtige Rechnung aufgetaucht.Hermens, der derzeit Urlaub auf einer Kanarischen Insel macht, griffden DLV an: «Ich habe bisher nichts von denen bekommen. Auch inmeinem Büro in Holland ist nichts eingegangen. Wie kann ich michwehren, wenn ich nicht weiß, was mir vorgeworfen wird?»

Die von 2001 bis 2003 wegen Dopings gesperrte HochspringerinAmewuh Mensa, Schumanns frühere Lebensgefährtin, soll nach Angabender «Süddeutschen Zeitung» verbotene Mittel über Peraita bekommenhaben. Die Vermittlung sei über Hermens gelaufen. «Daran bestand nieZweifel», sagte ihr Bonner Anwalt Richard Eimer dem Blatt.

Schumann hat von seinem Verein Eintracht Frankfurt Rückendeckungerhalten. «Ich bin schon sehr verwundert, dass wir als Verein vom DLVnicht über die Vorgänge informiert worden sind», sagte Clubchef PeterFischer am Montagabend bei der Mitgliederversammlung. «Wir werdenNils helfen, die Vorwürfe zu entkräften. Wir leben in einem freien,demokratischen Rechtsstaat in dem zunächst einmal die Unschuld-Vermutung gilt.» Die Hessen hatten den Vertrag vor zwei Wochen mitdem zuletzt wiederholt verletzten Schumann um zwei Jahre verlängert.