Die Gitarre und das Meer Die Gitarre und das Meer: Musik und Unterhaltung an Bord

Hamburg/Miami/dpa. - Es muss schonein brasilianisches Ballett her, eine Musicalsängerin aus New Yorkoder wenigstens das schräge «Schmidt Theater» aus Hamburg.Unterhaltung an Bord von Kreuzfahrtschiffen ist so wichtig gewordenwie die vielen Mahlzeiten - und wird hoch professionell organisiert.
Die einzige Kreuzfahrtgesellschaft mit eigener Showproduktion istnach eigenen Angaben die US-amerikanische Reederei Royal CaribbeanInternational (RCI). Sie sitzt in Miami. «Dort werden junge Tänzerund Musiker rekrutiert wie bei einer normalen Broadway-Show an Landauch», sagt Olaf Amm, RCI-Pressesprecher in Deutschland. «DieProduktion eines Musicals dauert neun Monate, die Herstellung desBühnenbildes und der Kostüme vier Monate, und geprobt wird fünfWochen lang - zehn Stunden täglich.» Für RCI seien die aufwendigenVorstellungen «ein Markenzeichen.»
Bei der britischen Traditionsreederei Cunard sucht eineamerikanische Agentur internationale Künstler aus. «Für dieVorstellungen auf dem Transatlantik-Kreuzer "Queen Mary 2" wird mitBroadway-Shows kooperiert», erzählt Cunard-Sprecher Ingo Thiel inHamburg. Tänzer und Artisten kommen aber auch von Belinda King inNorthampton, einer auf Theater und Shows spezialisiertenProduktionsfirma. «Tanzshows und Revues gibt es bei Cunard schon seitden zwanziger Jahren.»
Die Italiener stehen auf Opern an Bord - und so vermittelt für dieitalienische Kreuzfahrtreederei MSC eine Agentur in Rom die Shows undSänger, deren Schwerpunkt auf Klassik liegt. Aber auch Jazz undUnterhaltungsmusik werden an Bord der «MS Lirica», «MS Rhapsody» oder«MS Melody» geboten. «Mediterran verspielt» sei das Angebot, heißt esbei der Reederei. Eine Besonderheit auf der «MS Musica»: Auf demSchiff gibt es überall kleine Bühnen, auf denen auch die Passagiereihr Können zum Besten geben können - Instrumente stellt die Reederei.
Selber Programm machen - das finden offenbar auch die Gäste der«Queen Elizabeth 2» und der «Queen Mary 2» unterhaltsam. «DieKaraokeshows in den Pubs der beiden Schiffe sich immer proppenvoll,und es herrscht eine Bombenstimmung», registriert Cunard. Mitunterist der Passagier, der spontan in die Tasten greift, aber auch einProfi. Udo Lindenberg gab einst bei den Dreharbeiten zu«Transatlantik Affairs» auf der «QE 2» ein Unplugged-Klavierkonzert.Davor hatte Frank Sinatra, eigentlich privat unterwegs, mit einemspontanen Konzert die Damen an Bord in helle Aufregung versetzt.
Bei Hapag-Lloyd Kreuzfahrten in Hamburg kümmert sich eine eigeneAbteilung um das Unterhaltungsangebot, das zusammen mit Firmen wieder Deutschen Grammophon, IMG Artists oder der Honens InternationalPiano Competition erarbeitet wird. «Wir versuchen, Künstler vonWeltruf für die "MS Europa" zu interessieren», sagt PressesprecherinAnne Schmidt. «Dafür beginnen die Planungen und Kontaktanbahnungenbis zu zwei Jahre im Voraus.» Generell lasse sich die Reedereiinspirieren von aktuellen Programmen aus Musik, Show und Kultur. Undmanches zieht immer - wie etwa das berühmte Lido-Ballet aus Paris,das in Bordeaux einmal für einen Abend an Bord kam.
Das wohl schrillste Programm an Bord bieten die Aida-Clubschiffedes Seereiseveranstalters Aida Cruises aus Rostock. Dort treten seiteinigen Jahren regelmäßig Künstler von «SeaLive Tivoli» auf, einem Joint-Venture von Aida und dem «Schmidt's Tivoli» in Hamburg. Aberauch die Auswahl der einzelnen Künstler richtet sich nach dem für einKreuzfahrtschiff sehr jungen Publikum: «Nena, Ronan Keating, JeanetteBiedermann und DJ Bobo waren die erfolgreichsten Entertainer anBord», sagt Pressesprecher Hansjörg Kunze.
Aber egal wie gut: Ein Unterhaltungsprogramm allein bringt nocheine Landratte auf ein Schiff. «Kein Mensch bucht eine Kreuzfahrtwegen eines Sängers», sagt John Will von Transocean Tours in Bremen.Ein Star wie Hardy Krüger an Bord könne aber den Ausschlag geben,wenn sich ein Passagier nicht zwischen zwei Schiffen entscheidenkann. Ein Prominenter an Bord sei für beide Seiten besonders: «AmFrühstückstisch sitzen wieder die, die gestern das Publikum waren.»
Nähe zu den Stars ist für die Gäste besonders interessant, hatauch die Reederei Deilmann in Neustadt/Holstein beobachtet. «Man hatdie Gelegenheit, mit Prominenten zu plaudern, ihnen nahezukommen»,sagt Sprecher Hans-Ulrich Kossel. Daher werden für die Auftritte aufdem Flaggschiff der Reederei, der «MS Deutschland», gerne bekannteStars gebucht. «Große Namen sind wichtig. Die Gäste möchten zu Hauseberichten, wen sie an Bord getroffen haben.»
Vor 30 Jahren kamen meistens nur einzelne Künstler an Bord. Aberdie hatten dann große Namen: «Heinz Rühmann, Katharina Valente, Heinound Anneliese Rothenberger sind auf den Höhepunkten ihrer Karrierebei uns gewesen», hat Anne Schmidt im Hapag-Lloyd-Archiv entdeckt.«Aber es gab auch schon Big Band-Festivals und Kammerorchester - fürdamalige Zeiten eine Sensation». Bei Cunard standen früherOne-Man-Shows im Mittelpunkt, «vor allem Komiker», weiß Thiel. Diesind mitunter heute noch gut für Rekorde. Die Frage nach dem bishererfolgreichsten Entertainer an Bord beantwortet Thiel so: «Das warHarald Schmidt - auf der "Queen Elizabeth 2".»