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Der Fall Vera Brühne (1+2)

Von Klaus Koch 13.03.2008, 23:14

Hamburg/dpa. - Vera Brühne war 91 Jahre alt, als sie im April 2001 starb. Fünf Wochen später strahlte Sat.1 einen großen Zweiteiler über den Mordprozess aus, in dem Brühne und ihr enger Freund Johann Ferbach fast 40 Jahre zuvor wegen Doppelmordes verurteilt worden waren.

Wenn an diesem Freitag «Der Fall Vera Brühne» von Regisseur Hark Bohm mit Corinna Harfouch in der Titelrolle erneut auf den Bildschirm kommt, ist es nur auf den ersten Blick derselbe Film. Denn Bohm und Produzent Bernd Eichinger haben aus dem ursprünglich fünf Stunden langen Zweiteiler, der inklusive Werbeunterbrechungen jeweils bis Mitternacht dauerte, einen zwei Mal 90 Minuten langen Film mit ganz neuer Erzählstruktur gemacht.

Das Außergewöhnliche daran: Der um zwei Stunden gekürzte und neu geschnittene Zweiteiler läuft jetzt im öffentlich-rechtlichen Fernsehen. Arte zeigt an diesem Freitag ab 21.00 Uhr beide Teile hintereinander, die ARD strahlt sie einzeln am Karfreitag (21.45 Uhr) und Ostersamstag (22.00 Uhr) aus. Hark Bohm dazu in der Programmankündigung: «Noch nie hat ein öffentlich-rechtlicher Sender aus Material, das ursprünglich für einen Privatsender gedreht war, einen neuen Film bauen lassen.» Der Auftrag für die Neubearbeitung war aus dem Kontakt von Produzent Eichinger (Constantin Film) mit dem Norddeutschen Rundfunk bei der Produktion des Oscar-nominierten Films «Der Untergang» entstanden.

Hatte der Ursprungsfilm «Vera Brühne» noch ein breites Panorama der prüden Nachkriegsgesellschaft in der jungen Bundesrepublik gezeichnet und den Mordfall um die schillernde Lebedame darin eingebettet, steht in der Neufassung die Person Vera Brühne eindeutig im Mittelpunkt. Eichinger: «Es wurde alles herausgeschnitten, was nichts mit ihr zu tun hat.» Dadurch reduziert sich auch die Rolle des auf Fehlurteile spezialisierten Juristen Wilhelm Haddenhorst (Hans- Werner Meyer), der zehn Jahre später den Fall neu aufrollen will.

Gleich geblieben sind Anfang und Ende. Der Film beginnt im Frühjahr 1960 mit den Todesschüssen auf den Arzt Dietrich Schwarz, der im richtigen Leben Otto Praun hieß, und dessen Lebensgefährtin in seiner Villa am Starnberger See. Und er endet mit der Haftentlassung Vera Brühnes im Dezember 1979 nach ihrer Begnadigung durch den bayerischen Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß. Die Ermittlungen gegen Brühne werden vom Sohn des Mordopfers angestoßen, als sie ihr Erbe beansprucht - eine von Schwarz hinterlassene Finca in Spanien. Der bereits beerdigte Arzt wird exhumiert, zwei Schusswunden im Kopf lassen nur den Befund Mord zu. Zuvor hatte die Kripo angenommen, Schwarz habe erst die Frau und dann sich selbst erschossen.

Vera Brühne gerät sofort unter Verdacht, ihr langjähriger Freund Johann Ferbach (Uwe Ochsenknecht) soll in ihrem Auftrag die Schüsse abgegeben haben. Schon bald nach dem Urteil sind sich viele Beobachter und Juristen einig, dass die Beweise gegen Brühne und Ferbach nie für eine Verurteilung hätten ausreichen dürfen. Doch mit ihrem selbstbewussten Auftreten, mit ihren Lügen, Tricksereien und Halbwahrheiten trägt Vera Brühne selbst zu Missverständnissen bei und bringt Richter und Staatsanwälte gegen sich auf. Besonders Staatsanwalt Böck (Ulrich Noethen) betreibt ihre Verurteilung mit finsterer Verbissenheit.

Bis heute ist der Doppelmord vom Starnberger See nicht aufgeklärt. Viele Indizien deuten darauf hin, dass das Mordopfer in Waffengeschäfte verwickelt war, Spuren führen zum Geheimdienst und ins Verteidigungsministerium, dessen Chef damals Franz Josef Strauß hieß.

Trotz seiner Länge kam der Sat.1-Film 2001 bei vielen Zuschauern gut an. Den ersten Teil sahen 3,19 Millionen Menschen, den zweiten immerhin noch 2,45 Millionen. Corinna Harfouch und Uwe Ochsenknecht erhielten den Deutschen Fernsehpreis für die beste Haupt- und Nebenrolle. Zur herausragenden Besetzung gehören auch Katja Flint als Vera Brühnes Ex-Freundin und Mavie Hörbiger als Brühne-Tochter.