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Bürgerschaftswahl in Hamburg Bürgerschaftswahl in Hamburg: Wähler straften Ronald Schill gnadenlos ab

15.04.2004, 17:56

Hamburg/dpa. - Der Weg vom «Richter Gnadenlos» zum «Shooting-Star» der Politik war für den Amtsrichter Ronald Schill so kurz wie seine glanzvolle Karriere als zweiter Bürgermeister und Innensenator Hamburgs. Knapp zwei Jahre lang durfte Schill an der Elbe mitregieren, bis Bürgermeister Ole von Beust (CDU) ihn an die Luft setzte. Er sei für das Amt «charakterlich nicht geeignet», befand Beust, nachdem Schill ihm gedroht hatte, eine angebliche Liebesbeziehung Beusts mit seinem Justizsenator öffentlich zu machen.

Der Abstieg Schills nahm seinen Lauf, auch in der eigenen Partei. Dass er jetzt bei der Hamburger Bürgerschaftswahl mit seiner Partei Pro DM/Schill gnadenlos abgestraft wurde - weit entfernt von der Fünf-Prozent-Marke - überrascht nicht. Denn viele hatten ihn schon längst als «politische Eintagsfliege» abgetan. Nun will der 45- Jährige Deutschland den Rücken kehren und denkt daran, auszuwandern. Er könne sich eine Zukunft in Übersee vorstellen. «Wahrscheinlich geht die Reise nach Südamerika», sagte er nach der verlorenen Wahl.

Durch radikale Positionen, markige Sprüche und unhaltbare Versprechungen hatte Schill vor der Bürgerschaftswahl 2001 auf sich aufmerksam gemacht und senationelle 19,4 Prozent erreicht. «Lassen Sie mich weiter machen» warb er fast zurückhaltend um Stimmen für die Neuwahl, die erst durch seinen Bruch mit Beust und der eigenen Partei Rechtsstaatlicher Offensive nötig geworden war.

Als Innensenator musste Schill, der sich die Halbierung der Kriminalität auf die Fahnen geschrieben hatte, selbst viel einstecken. Kurz nach seinem Amtsantritt wurde ihm Kokainmissbrauch vorgeworfen. Eine Haarprobe belegte seine Unschuld. Für Aufregung sorgte er auch als Redner im Bundestag und Teilnehmer der Innenministerkonferenz: Hier hatte er im Herbst 2002 vorgeschlagen, «solches Gas» auch in Deutschland einzusetzen, das bei der Erstürmung eines Moskauer Theaters zahlreiche Geiseln das Leben gekostet hatte.

Bei der Bundestagswahl 2002 entpuppte sich der glücklose Senator denn auch als Nullnummer, «mit einer Null vor dem Komma», wie sich Kritiker freuten. Die Wähler ließen ihn mit nur 0,8 Prozent rechts liegen. Geschlagen gab sich Schill aber noch nicht. «Wir hätten sehr viel mehr verdient, deutlich über zehn Prozent», meinte er und gab gleich dem ganzen Land die Schuld daran: «Deutschland hat nichts dazu gelernt».