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Bundeswehr-Reform Bundeswehr-Reform: Eine starke Truppe wechselt die Stellung

29.01.2001, 18:32

Halle/Bad Frankenhausen/MZ. - Fernsehteams und Presseleute - die hallesche Bundeswehr-Kaserne "Dorothea von Erxleben", sonst recht abgeschieden, rückte gestern unverhofft in den Blickpunkt des Medieninteresses. Oberst Volkhard Dessau, der Standortälteste im Verteidigungsbezirk 81, sollte Fragen beantworten.

Doch Dessau musste sich zunächst auch erst schlau machen, was die Standort-Reform von Bundesverteidigungsminister Rudolf Scharping (SPD) mit den Bundeswehrangehörigen in Halle-Lettin vorhat. "Wohin das Sanitätsregiment 13 verlegt wird, weiß ich nicht. Und wann das sein wird, ist auch noch unklar", sagte Dessau gegen Mittag. Zwei Stunden später war jedoch klar: Die Sanitäter sollen nach Weißenfels gehen, aber zu welchem Zeitpunkt, war noch offen.

Der Standort in Halle soll zwar nicht komplett geschlossen, aber doch deutlich verkleinert werden: Bestehen bleiben allein das Verteidigungs-Bezirkskommando 81 und das Kreiswehr-Ersatzamt mit insgesamt 160 Beschäftigten - 50 Soldaten und 110 Zivil-Bedienstete. Verlegt wird hingegen das komplette Sanitätsregiment mit etwa 750 Angehörigen. Halles Oberbürgermeisterin Ingrid Häußler (SPD) zeigte sich bestürzt: Es sei ein großer Nachteil für die Stadt, wenn das Regiment abziehe.

Sie habe vor Wochen in einem Brief an Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reinhard Höppner (SPD) appelliert, er möge den Standort Halle unterstützen. "Das hat offensichtlich nicht ausgereicht." Nun werde sich die Stadt mit einem Brief direkt an Scharping wenden, um ihn umzustimmen.

Ortswechsel. Im Aufenthaltsraum der Kyffhäuserkaserne in Bad Frankenhausen (Nordthüringen) flimmert ein Nachrichtensender über die Mattscheibe. Die Offiziere und Unteroffiziere warten auf den Auftritt von Scharping, ihrem obersten Befehlshaber. Die Spannung ist mäßig, denn längst war absehbar, dass 700 der rund 1 700 Stellen in dieser Kaserne wegfallen werden. "Es wird aber keiner seinen Arbeitsplatz verlieren", sagt Oberstleutnant Hans-Gert Gaebel, Kommandeur im Panzergrenadier-Bataillon 381.

Heike Krause, stellvertretende Personalratsvorsitzende der rund 190 Zivilbeschäftigten in der Kaserne, sieht die Strukturreform hingegen überaus skeptisch. Der Stellenabbau soll sozial verträglich und ohne Entlassungen über die Bühne gehen. Wie das konkret aussehen soll, weiß noch niemand. In Bad Frankenhausen werden derweil erhebliche wirtschaftliche Verluste befürchtet. Schließlich gibt die Truppe pro Jahr rund 24,4 Millionen Mark für Bewirtschaftung, Bekleidung, Verpflegung, Reparaturen und Tanken aus.

Die Vorsitzende des örtlichen Gewerbevereins, Elisabeth Goebel-Bark, befürchtet deshalb erhebliche Einbußen für Geschäftsleute: "700 Stellen - das kommt dem Wegzug eines ganzen Dorfes gleich." Bad Frankenhausens Bürgermeister Karl-Josef Ringleb (CDU) kündigte gestern Protest gegen den Stellenabbau an. "In einer Region mit 30 Prozent Arbeitslosigkeit trifft uns die Entscheidung hart", sagte er unter Hinweis auf den Verlust von 150 Arbeitsplätzen. Ähnliche Befürchtungen gibt es in Sachsen-Anhalt übrigens an den Bundeswehr-Standorten in Brettin, Möckern (beide Jerichower Land) und Dessau, die vor der Schließung stehen. Das war allerdings schon vor Jahren beschlossen worden und steht nicht im Zusammenhang mit der aktuellen Reform.