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Boxen Boxen: Manfred Wolke wird 60 Jahre

Von Klaus Weise 13.01.2003, 16:53
Manfred Wolke Deutschlands bekanntester Boxtrainer feiert Dienstag seinen 60. Geburtstag. (Foto: dpa)
Manfred Wolke Deutschlands bekanntester Boxtrainer feiert Dienstag seinen 60. Geburtstag. (Foto: dpa) ZB

Frankfurt/Oder/dpa. - Im Trainingscamp bei Manfred Wolke in Frankfurt/Oder wird am Dienstag das komplette Who's Who der deutschen Faustkampfszene seine Aufwartung machen: Deutschlands bekanntester Boxtrainer feiert seinen 60. Geburtstag. So viel Aufmerksamkeit ist dem Mann mit dem Bürstenhaar fast peinlich. Zumal sie suggerieren könnte, dass sich das Energiebündel aufs Altenteil vorbereitet. Doch das weist Wolke energisch zurück: «Ich habe noch keinen Gedanken ans Aufhören verschwendet. Damit befasse ich mich nicht und ich fühle mich auch nicht wie 60.»

Gerade erst hat er seinen am 13. Januar auslaufenden Vertrag mit Promoter Wilfried Sauerland per Handschlag verlängert: Um zehn Jahre! «Das Boxen ist das ideale Metier für mich. Mit den ständigen Wechseln in den Bedingungen, mit immer neuen Athleten, die als Sportler und Menschen zu formen sind, kann man keine auf wenig festgelegten Vorplanungen haben», sagt Wolke, der sich selbst als «Boxverrückter» bezeichnet.

Als er mit dem Kampfsport begann, hatte er davon noch keine Ahnung. Geboren in Babelsberg als letztes von zehn Geschwistern wechselte er erst mit 17 vom Fußball - er stand vor dem Sprung in die DDR-Oberligamannschaft von Motor Babelsberg - zum Faustkampf. Mit 22 kam er zum Armeesportklub (erst Berlin, dann Frankfurt/O.), nur zwei Jahre später wurde er 1967 erstmals DDR-Meister und EM-Zweiter.

Trainer Martin Neef, später Wolkes Übungsleiter-Vorbild, hatte seinem Schützling einen Box-Stil auf den Leid geschneidert, der unter Wolkes Trainer-Ägide zur Frankfurter Boxschule wurde: Treffer vermeiden, Situationen vorausdenken, entsprechend handeln, den Gegner taktisch beherrschen. Das sah für Anhänger groben Schlagabtauschs nicht immer attraktiv aus, war aber erfolgreich. Erst recht, wenn man dazu einen «Besessenen» wie Wolke fand, der oft von den Hallenwarten eingeschlossen wurde, weil er abends immer noch trainierte.

258 Kämpfe bestritt Wolke als Amateur, von denen er 236 gewann. Den wichtigsten 1968 im olympischen Finale von Mexiko, als er den Kameruner Joseph Bessala beim 4:1 nach Belieben beherrschte. Fünf Mal wurde er DDR-Meister (1967-71), gewann 1971 ein zweites Mal EM-Silber und fuhr als einer der Favoriten zu den Olympischen Spielen 1972 nach München, wo er Fahnenträger der DDR-Mannschaft war. Durch eine Augenbrauenverletzung gehandicapt, unterlag er schon in der Vorrunde gegen den späteren Olympiasieger Emilio Correa aus Kuba. Danach beendete Wolke die Karriere und wurde Trainer.

Alle Schützlinge, die er bis 1989 betreute, gewannen bei internationalen Meisterschaften mindestens eine Medaille - insgesamt 27. Der Olympiasieg von Rudi Fink 1980 in Moskau sowie Henry Maskes Titel-Dreier (1988 Olympia, 1989 EM und WM) bildeten den goldenen «Grand mit Vieren». Erfolg war Wolkes ständiger Begleiter, aber zwischendurch musste er auch durch schwere Tiefs. Mitte der 80er Jahre wurde der NVA-Oberstleutnant wegen Alkoholproblemen zum Major degradiert und durfte zwei Jahre lang nicht als Spitzentrainer arbeiten. 1987 holte man ihn - u.a. auf Intervention Henry Maskes - zurück. Über das einstige Tabu-Thema Alkohol spricht Wolke heute offen. «Ich hatte ein Stoppzeichen überfahren, wollte das aber nicht wahrhaben. Dann begriff ich, dass ich am Abgrund stand.»

Nach der Wende belohnte sich Wolke selbst: Am 8. März 1990 unterzeichnete er mit Maske einen Profi-Vertrag bei Wilfried Sauerland. Die Skepsis gegenüber den «Ossis» war groß, aber nachdem Maske am 20. März 1993 IBF-Weltmeister wurde, setzte eine enorme Euphorie in Deutschland ein. Ausverkaufte Hallen, Rekord-TV-Quoten, VIP-Drängeln am Ring: «Ich bin stolz, dass die Wiedergeburt des deutschen Profiboxens von Frankfurt/Oder ausgegangen ist, und dass ich dabei eine Rolle spielen konnte», sagt Wolke. Als Maske 1996 abtrat, folgte Schwergewichtler Axel Schulz als Vorzeigefigur. Nach dessen Karriereabschied im September 1999 wurde es vorübergehend etwas ruhiger im Wolke-Camp. Jetzt trainiert der «Boxermacher» wie in besten Zeiten wieder vier Schützlinge: Europameister Danilo Häußler, Timo Hoffmann, Kai Kurzawa und den Ex-Schweriner René