Boxen Boxen: Eine völlig neue Dimension

Halle (Saale)/MZ. - Der Haus- und Hofsender vom Sauerland-Boxstall wusste es schon vor allen anderen. Am Samstag gab es - unter Ausschluss der Öffentlichkeit - die ersten Fernsehaufnahmen der ARD mit Arthur Abraham in Berlin zu dessen nächstem Kampf. Am Montag wurden dann offiziell alle Medien zu einer Pressekonferenz in die O2-Halle der Hauptstadt geladen. Dort soll am Mittwoch offiziell verkündet werden, dass der Ex-Weltmeister am 25. August an gleicher Stelle gegen Titelverteidiger Robert Stieglitz aus Magdeburg um die WBO-Weltmeisterschaft im Supermittelgewicht boxt. Für beide eine Riesenchance.
Moralisch im Vorteil
"Ich werde mir in meinem Wohnzimmer den Titel holen", verkündete Abraham großspurig wie eh und je bei den Dreharbeiten. 2009 war der selbsternannte King Arthur nach fünfjähriger Regentschaft im Mittelgewicht freiwillig vom Thron gestiegen, um sich ein Limit höher im lukrativen Super-Six-Turnier zum Superchampion zu krönen. Dies ging bekanntlich in die Hose: In drei von vier Kämpfen scheiterte er. Zwei Aufbaukämpfe danach gewann er zwar, doch der Haudrauf war nur noch ein Schatten seiner selbst.
Nun will oder muss er mit einem Sieg über Stieglitz wieder alles richten. Verliert er und muss sich erneut hinten anstellen, wäre das vermutlich sein Karriere-Aus.
Das sieht der Titelverteidiger auch so und weiß sich moralisch im Vorteil. "Wenn er meinen Titel haben will, dann muss er wesentlich besser sein als ich", sagt Stieglitz. "Doch das wird aber ganz sicher nicht passieren."
Denn auch für den Magdeburger, der seinen WBO-Gürtel bereits sechsmal erfolgreich verteidigt hat, ist das kein WM-Kampf wie jeder andere: Mit dem deutsch-deutschen Duell bietet sich für ihn die Möglichkeit, sich in die allererste Reihe zu boxen. Stieglitz: "Abraham ist ein bekannter Mann. Und er hat viele Fans. Durch das Fernsehen und die große Halle haben wir eine Plattform, die ich so noch nicht hatte."
Er weiß also, dass er weitaus mehr gewinnen kann als nur den Kampf. Bisher waren Stieglitz' Kämpfe meist Rahmenprogramm anderer namhafterer Boxer: Marco Huck etwa oder eben Abraham. Jetzt ist er selbst der Protagonist. Statt regional könnte er sich dann national in die Schlagzeilen boxen. "Das ist der Big-Point", sagt auch sein Trainer Dirk Dzemski.
Für Stieglitz selbst, aber auch für seinen Magdeburger SES-Boxstall. Deshalb wollen alle Trainingskameraden den Protagonisten bei der Vorbereitung helfen, Ex-Weltmeister Jan Zavec ebenso wie der aktuelle Champion Lukas Konecny. Zurzeit werden im Kraftraum gemeinsam Gewichte gestemmt. Und lange Läufe tun der Ausdauer gut. Ein Laufbandtest am Dienstag zeigte, dass Stieglitz schon jetzt über hervorragende Grundlagen verfügt. Die erholsamen Tage mit seinem Bruder und der Mutter zuletzt in St. Petersburg haben keine negativen Spuren hinterlassen. "Ich staune immer wieder. Robert ist ein Naturtalent. Er kommt aus dem Urlaub wieder und hat Werte wie einer, der mitten im Training steht", sagt Dzemski.
Wie es um Abraham bestellt ist, hofft der Coach bei der Pressekonferenz herauszubekommen. Der Berliner galt in der Vergangenheit nicht als der Trainingsfleißigste. "Ich werde ihn mir ganz genau anschauen und wenn nötig im Training reagieren." Abrahams Coach Ulli Wegner ist noch im Urlaub und hat seinem Co-Trainer Georg Bramowski mit der Aufsicht über das Konditionsbolzen beauftragt.
Auch der SES-Geschäftsführer und Stieglitz' Promoter Ulf Steinforth war am Dienstag noch privat in den USA unterwegs. Er will zu den Hoffnungen, die er mit dem WM-Kampf seines Zugpferdes verbindet, auf der Pressekonferenz Stellung beziehen. Ebenso wie Abrahams Juniorchef Kalle Sauerland.
Im Sparring schon gegeneinander
Der hat seinem Boxer einen Pluspunkt sichern und die WM nach Berlin holen können. Stieglitz stört das allerdings überhaupt nicht. "Ich habe mir den WM-Titel damals in Budapest geholt und auch danach gezeigt, dass ich auswärts gewinnen kann", erklärt der Weltmeister. Zumal er weiß, dass er gegen Abraham beim Sparring in Berlin schon zweimal eine gute Figur gemacht hat. Man kennt sich also, auch wenn das nun schon acht Jahre zurückliegt. Stieglitz: "Er hat sich weiterentwickelt, und ich habe das auch. "
Wer am weitesten, wird sich am 25. August zeigen.