Boxen Boxen: Ausflug in die Vergangenheit
Halle/MZ. - Für kurze Zeit fühlt sich Tino Groß in die Vergangenheit zurückversetzt. Der frühere Sportschüler hat ein Zimmer im Internat bezogen, schwatzt mit seinen einstigen Betreuern, fachsimpelt mit Trainern und anderen Sportlern. "Ich bin gern in Halle. Und dass ich diesmal hier auch boxen darf, macht mich besonders glücklich. Ich kann's kaum erwarten zu zeigen, was ich drauf habe", sagt der Zweimeter-Mann. Bei dem Profikampfabend des Hamburger Arena-Boxstalls am Sonntag im Maritim hat der einstige deutsche Amateurmeister seinen dritten Arbeitseinsatz im bezahlten Sport. Gegner ist der Russe Juri Lunnev.
Vor dreieinhalb Jahren hatte Groß das letzte Mal in seiner sportlichen Heimat geboxt. Damals gewann er - exakt an gleicher Stelle - den renommierten Chemiepokal. Doch danach wurde es ruhig um den damaligen Sportsoldaten. Cheftrainer Helmut Ranze hatte ihm nach der Militär-WM in Südafrika aus dem Kader geworfen. "Ich war ziemlich angefressen, so abserviert zu werden", gibt der heute 27-Jährige zu. In seinem Frust ließ er sogar die auf ihn in der Trainingshalle wartenden Dopingfahnder wegtreten. Dafür wurde ihm eine Sperre von einem halben Jahr aufgebrummt. "Das war eine dumme Kurzschlussreaktion. Danach wollte ich die Handschuhe eigentlich an den Nagel hängen", sagt Groß. Doch während seiner von der Bundeswehr geförderten Ausbildung zum Fuhrparkmeister in Erfurt half er der Gothaer Staffel in der Bundesliga aus - und merkte, dass er die Lust an seinem Sport noch nicht verloren hat. Nachdem Groß an seinem jüngsten Geburtstag am 21. August die letzten Prüfungen geschafft hatte, unterschrieb er einen Profivertrag bei Arena. Dass er sich gegen Universum bzw. SES und für den Hamburger Boxstall entschied, lag vor allem daran, dass er dort bei seinem früheren SV-Coach Hans-Jürgen Witte trainieren kann. Zudem hat er mit Steffen Kretschmann einen starken Trainingspartner. Acht Kämpfe will Groß, der mit seiner Freundin Kristin weiter in Erfurt wohnt, 2008 absolvieren. In zwei Jahren hofft er, reif für einen Titelkampf zu sein. "Wenn andere das schaffen, kann ich das auch", sagt der nun 90 Kilo auf die Waage bringende Boxer.
Sein Stallgefährte Kretschmann wollte sich ursprünglich schon am Sonntag seinen ersten Titel sichern. Doch letzte Woche hat er sich im Training eine Sehne im linken Fuß angerissen. "Ich ärgere mich maßlos, denn ich war in einer Top-Form und mein Manager Ahmed Öner hat den Kampftag ja vor allem deshalb nach Halle vergeben, damit ich hier vor meinen Fans boxen kann", hadert der Schwergewichtler mit seinem Schicksal. Er hofft, sein Bein bald wieder voll belasten zu können. "Dann werde ich im Februar wieder boxen. Vielleicht bekomme ich nächstes Jahr ja erneut die Chance, in Halle zu kämpfen", sagt der 27-Jährige, der sich bei seinem Physiotherapeuten Petrus Kazaris in den besten Händen weiß.
Karten gibt es im Arena-Büro im Maritim von 16 bis 20 Uhr.