1. MZ.de
  2. >
  3. Varia
  4. >
  5. ARD: ARD: «Abschied - Brechts letzter Sommer»

ARD ARD: «Abschied - Brechts letzter Sommer»

10.10.2001, 15:49
Zur arte-Sendung am 12. Oktober 2001 um 20.45 Uhr. Abschied - Brechts letzter Sommer. Bertolt Brecht (Josef Bierbichler) an der Reiseschreibmaschine in seinem Buckower Landhaus.
Zur arte-Sendung am 12. Oktober 2001 um 20.45 Uhr. Abschied - Brechts letzter Sommer. Bertolt Brecht (Josef Bierbichler) an der Reiseschreibmaschine in seinem Buckower Landhaus. arte

Straßburg. - Die Reiseschreibmaschine thront auf einem dunklen Holztisch, daneben ein Bleistift, ein Aschenbecher und Zigarren. Vom Arbeitsplatz schweift der Blick über einen ruhigen sommerlichen See: Ein heißer Sommertag in Buckow 1956, in Bertolt Brechts Landhaus. Die Urlauber, das sind Bertolt Brecht, schwerfällig-melancholisch und herzkrank - und die seltsame Großfamilie des Dichters: seine Frau Helene Weigel, seine Geliebten und Ex- Geliebten Käthe Reichel, Isot Kilian, Elisabeth Hauptmann und Ruth Berlau sowie Isots Ehemann Wolfgang Harich und Brechts Tochter Barbara. Der junge DDR-Oppositionelle Wolfgang Harich will Brecht für den Plan gewinnen, Walter Ulbricht mit sowjetischer Unterstützung abzusetzen.

Brecht, vorsichtig wie immer bei politischen Aktionen, von seinem Herzleiden geschwächt, interessiert sich scheinbar mehr für die schöne Isot, seine frühere Geliebte und für die junge, zarte Schauspielerin Käthe Reichel, von der er sich bei der Entstehung eines neuen Gedichts inspirieren lässt. Auf Harichs Fersen ist ein Stasi-Trupp mit Haftbefehl. Doch man zögert, ihn im Hause des Staatsdichters zu vollstrecken, das voller Gäste ist. Helene Weigel ist die einzige ordnende Kraft in der brüchigen Urlaubsidylle. Sie tut alles, um Eskalationen zu vermeiden und erträgt stoisch die Feindseligleiten, die ihr von der verzweifelt eifersüchtigen Ruth Berlau entgegengebracht werden. Sie möchte Harich warnen. Doch dieser, erfüllt von seinen politischen Plänen, lässt sich auf ein Gespräch mit ihr nicht ein. Brecht erleidet einen Herzanfall, was alle ablenkt und stark besorgt. Der Chauffeur holt den todkranken Dichter ab, um ihn nach Berlin zu bringen. Jetzt hat die Stasi freies Feld...

Brecht, dieser Egomane allererster Ordnung, versucht, sich in seinem Feriendomizil in der märkischen Schweiz abzuschotten gegen jegliche Störung von außen und wird darüber zum unausstehlichen Kerl - um sich geschart hat er alle seine Frauen, ohne die er nichts wäre. Ein Mensch produziert sich als Kind, das gehätschelt, und als Ekel, das in Ruhe gelassen werden will. Er gibt sich den Anschein, sein Leben nach strengen Prinzipien geordnet zu haben und ist der erste, wenn es darum geht, die Regeln zu verletzen. "Abschied" ist ein leiser, unaufdringlicher, aber wunderbar vernehmlicher Film - und in seiner hervorragenden Besetzung das höchste Lob auf ein Schauspielerensemble, wie es auch der leibhaftige Brecht gewiss gerne um sich geschart hätte.