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Ägypten Ägypten: Wein aus äyptischer Wüste

05.07.2001, 08:17

Gianaclis/dpa. - Keiner der 900Angestellten wusste, welche Trauben an welcher Stelle wuchsen. DerWein, den sie dem Franzosen einschenkten, wäre in Bordeaux wohlgerade noch als Essig durchgegangen. Heute haben der Rotwein, derRose und der Weißwein, die in Gianaclis von inzwischen nur noch 150Mitarbeitern produziert werden, laut Boudry das Niveau einesfranzösischen Landweines erreicht.

«Die Fabrik war damals, schlicht gesagt, in einem katastrophalenZustand», erklärt Boudry, der von der französischen Firma Ginestet1999 nach Ägypten geschickt wurde, um das frisch privatisierte,einzige Weingut des Landes auf Vordermann zu bringen. EhrgeizigesZiel der französischen Berater und der ägyptischen Investoren istes, den Rebensaft aus dem Land der Pharaonen in zwei bis drei Jahrennach Großbritannien, Deutschland und Frankreich zu exportieren.

Bislang wird die gesamte Produktion - zwischen drei und vierMillionen Flaschen pro Jahr - in Ägypten verkauft. Davon nimmt derTourismussektor 90 Prozent ab. Die meisten Ägypter trinken ausreligiösen Gründen keinen Alkohol. Außerdem ist der Gianaclis-Weinmit 27 ägyptischen Pfund (gut 16 Mark) pro Flasche für die meistenEinheimischen ohnehin unerschwinglich. Grund dafür ist die hoheWeinsteuer von 100 Prozent.

Doch Boudry und die neue Besitzerin von Gianaclis, die Al-AhramBeverages-Group, glauben an den Wein aus der Wüste. Sie schafftenzwei automatische Pressen und eine moderne Kühlanlage an. Ab Januarsollen zu den 800 Hektar Wein außerdem weitere 500 Hektar in derNähe der Wüstenstraße Kairo-Alexandria hinzukommen. Der Wein vondieser neuen Anbaufläche ist für den Export bestimmt. «Die Hitzemacht unseren Trauben gar nichts aus», heißt es bei Gianaclis,«alles nur eine Frage der Bewässerung».

Seinen Namen hat das Weingut Gianaclis von seinem griechischenGründer. Dieser war im vergangenen Jahrhundert von der britischenArmee nach Ägypten geholt worden, um Wein für die Truppeherzustellen. Der Familienbetrieb gedieh prächtig. Die Produktionlag zeitweise bei bis zu zehn Millionen Flaschen pro Jahr. Zwischen1930 und 1950 gewann der feine Tropfen vom Nil sogar mehrere Preisebei Fachmessen in Paris.

Doch dann ging es rapide bergab. Unter Präsident GamalAbdelnasser wurde der Betrieb 1961 verstaatlicht. AlexanderKondolius, der letzte Grieche auf dem Weingut, starb 1989. In derFabrik wurde nur noch in absolut notwendige Ersatzteile investiert.Der wachsende islamische Fundamentalismus führte Anfang der 90erJahre zudem zu Absatzschwierigkeiten. Zuletzt wurden schließlich nurnoch rund zwei Millionen Flaschen pro Jahr produziert. «Das Gesöffwar damals von recht unterschiedlicher Qualität», erinnert sich einseit zehn Jahren in Kairo ansässiger Deutscher. «Manchmal war derRotwein so grauselig, dass man damit nicht einmal den Salat anmachenkonnte.»

Auf dem absoluten Tiefpunkt färbten die Arbeiter in Gianaclis denWeißwein sogar mit Hibiskusblüten und verkauften ihn als Roten.Bislang ist Gianaclis nur mit drei Weinen auf dem Markt, dem roten«Omar Khayyam», dem Rose «Rubis d'Egypte» und dem Pinot Blanc «Crudes Ptolemees». Für den Export bereitet Gianaclis nun ein neuesProdukt vor, den im Holzfass gereiften Rotwein «Chateau GrandMarquis de Ginestet», auf dessen Etikett nur ganz klein das Wort«Ägypten« zu lesen ist.

Dass die am Ende eines buckeligen Feldweges gelegene WeinfabrikGianaclis wohl kaum mit einem französischen «Chateau» verglichenwerden kann, stört die Marketing-Strategen dabei kaum. Auch um denWettbewerb brauchen sie sich nicht zu sorgen, denn die Al-AhramBeverages Group hat vor einigen Wochen den einzigen einheimischenKonkurrenten Al-Gouna aufgekauft. Dieser hat allerdings keinWeingut, sondern stellt seinen Wein aus importiertem Most her.