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50 Jahre Sportschulen 50 Jahre Sportschulen: Die Kinder vertrauen dem Onkel in Grün

Von Christoph Karpe 05.09.2005, 19:58

Halle/MZ. - Kevin hat in einer Mischung aus Ängstlichkeit und Neugier die Augen aufgerissen, als sich der Onkel Doktor mit dem lustig-bunten Kopftuch über sein Bettchen beugt und die Narbe auf seinem Bauch sanft berührt. "Nein", haucht der Zweijährige schüchtern auf die Frage, ob er Schmerzen habe und schüttelt tapfer den Kopf.

Dr. Torsten Ullmann lächelt durch den wilden Bart, streicht seinem kleinen Patienten über die Haare und beruhigt ihn. "Das sieht toll aus. In zwei Tagen kannst du nach Hause." Kevin grinst zurück. So richtiges Heimweh scheint er gar nicht zu haben. Die Mutti hat ihn begleitet und liegt im Nachbarbett, im Fernseher läuft ein Zeichentrickfilm und dass dies hier eine Klinik ist, merkt er wohl bloß daran, weil die Mehrzahl der Männer und Frauen, die ihn besuchen, so komische grüne Sachen tragen.

"Kevin hatte Verwachsungen im Bauch und einen Nabelbruch. Nichts Schlimmes. Das war eine leichte Operation", erklärt Torsten Ullmann. Der Kinderchirurg gilt als Koryphäe seines Fachs. Aus ganz Mitteldeutschland behandelt er in seiner halleschen Klinik junge Patienten. Warum gerade und ausschließlich Kinder? "Im Erwachsenenbereich ist die Chirurgie zu spezialisiert. Tagein, tagaus stets an der gleichen Stelle zu operieren, wäre mir zu langweilig. Bei älteren Menschen bietet sich oft auch nur die Gelegenheit, Gebrechen zu lindern. Bei Kindern repariert man etwas. Da hat man immer ein Erfolgserlebnis", begründet der 44-jährige zweifache Vater (Katja ist 20, Kristin 13), was er an seinem Beruf so liebt.

Erfolgen jagt Torsten Ullmann seit seiner frühesten Jugend hinterher. Seinerzeit als Schwimmer - und von 1972 bis zum Abitur 1981 als Schüler der Sportschule in Halle. "Naja, zum großen Durchbruch reichte es nicht", sagt er ohne Gram. Als Rückenspezialist heimste er bei DDR-Meisterschaften seiner Altersklasse ein paar Bronzemedaillen ein. Bei einer Jugend-EM langte es lediglich zu Rang zehn. Damals dominierten die halleschen Mädchen. Kornelia Ender, drei Jahre älter, sammelte Olympia-Gold und WM-Titel in Serie. Carmela Schmidt (heute Ertel) und Cornelia Polit (heute Embacher) standen bei den Spielen 1980 in Moskau auf dem Siegerpodest. Ullmann laborierte derweil an einer Knieverletzung. "Nach fast einem Jahr Trainingsausfall hatte dann ein Neuanfang keinen Sinn mehr", erzählt er. In der 10. Klasse war sein Mit-Schwimmer Ulf Sauerbrey zu den Ruderern gewechselt und eroberte 1983 den Weltmeister-Titel im Doppelzweier. "Das hat mich richtig für ihn gefreut", sagt Ullmann.

Trotz seiner überschaubaren Medaillen-Sammlung möchte der Mediziner seine Zeit als Leistungssportler nicht missen. "Wir haben gelernt zu kämpfen und uns durchzubeißen. Und ich kann auf viele schöne Erlebnisse bei Wettkämpfen oder Trainingslagern zurückblicken", erzählt Ullmann, heute ein Hobby-Reiter ist.

Der Kampfgeist treibt ihn immer noch an. Vor gut zwei Jahren schlossen sich etwa 50 Mediziner zu dem Verbund der "Saale-Klinik-Halle" zusammen. Ullmann ist ihr Geschäftsführender Gesellschafter. "Wir würden ja gern alle unter ein Dach ziehen, ein geeignetes Objekt in Halle gibt es auch. Aber die Baubehörden werfen uns Knüppel zwischen die Beine. Dabei wollen wir 80 zusätzliche Arbeitsplätze bis 2012 schaffen", stöhnt Ullmann. Doch gerade Schwierigkeiten stacheln seinen Ehrgeiz an, da ist er Sportler geblieben.