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40 Jahre Hallescher FC 40 Jahre Hallescher FC: Spielerrevolte stürzt Trainer

Von Klaus Blumtritt 17.01.2006, 21:45

Halle/MZ. - "Personalentscheidungen" in den Fußballklubs waren in der DDR eine Angelegenheit der politischen Obrigkeit. "Als Vorsitzender konntest du zu Trainerwechseln zwar deine Meinung sagen, Einfluss auf die Entscheidung hattest du aber nicht", sagt Bernd Bransch, HFC-Vorsitzender von 1983 bis 1990.

So geschah es auch bei der Ablösung von Klaus Urbanczyk nach dem Oberliga-Abstieg 1984. "Mein Bitten und Flehen, dem Trainer doch die vorher zugesicherte Chance zu geben, wurde in der SED-Bezirksleitung überhört. Dafür durfte ich ,Banne' aber die Hiobsbotschaft überbringen", erinnert sich Bransch. "Schlechter jedenfalls", so sagt Urbanczyk heute ironisch, "hätte es danach auch unter einem Trainer Urbanczyk nicht werden können". Zwei Mal hintereinander reichte es unter Olaf Keller und später Interimscoach Günter Hoffmann nur zu Ligarang zwei. Aus dem Tal der Tränen ging es erst, als Karl Trautmann in der Saison 1986 / 87 das Regiepult übernahm.

Trautmann verstand es vor allem, die spielstarken eigenen Talente schnell zu integrieren. Dariusz Wosz und Rene Tretschok, die später in der Bundesliga für Furore sorgten, kamen schon als Junioren zum Einsatz. Der ebenfalls zum Jahrgang 1969 gehörende Torsten Raspe und der ein Jahr jüngere Steffen Karl erhielten nach dem Oberligaaufstieg ihre Chance. "Mit seiner ruhigen Art war Trautmann geradezu prädestiniert, die Jungen heranzuführen", erinnert sich Stürmer Uwe Machold, der im schwäbischen Bieberach derzeit A-Junioren trainiert.

Trotzdem standen die Chancen des HFC nach zuletzt zwei neunten Oberligarängen alles andere als gut, als es im Spätsommer 1990 in die letzte Saison der DDR-Oberliga ging, an deren Ende sich die Spreu vom Weizen für die beiden Bundesligen trennen sollte.

Doch der Klub versuchte das Möglichste, schickte die Truppe vor dem Start deshalb ins Trainingslager im nordfriesischen Aurich, wo es dann zu einem überraschenden Knall kommen sollte. Als sich Trainer Trautmann einige seiner Schützlinge wegen "Überschreitens der Ausgangszeit" zur Brust nahm, revoltierte der Mannschaftsrat, so dass der Coach die Vertrauensfrage stellte. In der von ihm anberaumten Versammlung stellten sich jedoch alle Spieler gegen Trautmann. So blieb Klubchef Bransch anschließend in Halle nichts anderes übrig, als den verdienstvollen Coach zu entlassen.

"Das war meine erste freie Trainer-Entscheidung, und sie ist mir bestimmt nicht leicht gefallen", so Bransch. Auch Uwe Machold nicht: "Ich und viele andere hatten Karl Trautmann zweifellos viel zu verdanken. Aber nach vier Jahren wirkte er nicht mehr so dynamisch. Sein Training war eintönig geworden. Wir Älteren im Team trauten ihm jedenfalls nicht mehr zu, dass er uns in die Bundesliga führt."

Trautmann selbst bezeichnete später die damals überraschende Trennung als "im Nachhinein beste Lösung. Mit ihrer Entscheidung waren die Spieler gezwungen, noch mehr Eigenverantwortung zu übernehmen. Das hat sie richtig gepuscht". Unter Co-Trainer Bernd Donau erreichte der HFC am Ende tatsächlich Rang vier und damit die direkte Qualifikation für die zweite Bundesliga.

Nächste Folge: Nur Teilerfolg im Tauziehen um Wosz