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Triathlon Triathlon: Der Hallenser Thomas Springer startet für Österreich bei Olympia

Von Petra Szag 31.05.2016, 17:59
Thomas Springer mit seinem Rad. Die Maßanfertigung kostet 7.000 Euro.
Thomas Springer mit seinem Rad. Die Maßanfertigung kostet 7.000 Euro. Schulz

Halle (Saale) - Der Ausruf ist verräterisch und irritierend zugleich. „Naa-aa!“, sagt Thomas Springer in einer Tonlage, die irgendwie an die alten Hans-Moser-Filme erinnert. Auf den fragenden Blick hin ging der Hallenser zum verständlichen Deutsch über. „Nein“, meint der Triathlet an diesem späten Montagvormittag in der Dölauer Heide. „Erst nach unserem Interview geht’s los, heute bin ich noch nicht dazu gekommen zu trainieren. Ich habe so viel zu erledigen, irgendwie kriege ich das alles gerade schwer auf die Reihe.“ Das mit dem Slang aber offenbar schon, Thomas Springer beherrscht den österreichischen mittlerweile genauso wie den seiner Heimatstadt Halle.

Springer - ein Weltenbummler

Dabei fühlt sich der Sportler sowieso längst auf der internationalen Bühne zu Hause. Wäre er nicht zum Weltenbummler avanciert, da ist sich der 31-Jährige sicher, hätte er es nicht so weit gebracht. Dann wäre sein Traum von einem Olympia-Start wohl auch unerfüllt geblieben. Dass Rio für ihn in gut zwei Monaten Realität wird, verdankt er auch seinen Helfern in Halle und Salzburg sowie seiner Multi-Kulti-Trainingsgruppe und nicht zuletzt -Trainer Joel Filliol.

Der Kanadier ist ein harter Hund. Für den Coach, der bei der olympischen Triathlon-Premiere im Jahr 2000 seinen Landsmann Simon Whitfield zu Gold geführt hatte, zählt nur Erfolg. Vier Einheiten am Tag sind die Norm. Sieben Tage die Woche.

Auch jetzt im Heimaturlaub. Noch bis Freitag weilt Springer in Halle. Seine Eltern, Freunde und einige seiner Förderer wollten ihn vor seinem großen Auftritt im Zeichen der Ringe noch einmal sehen. Vor dem 18. August, an dem Springer an der Copacabana erst 1,5 Kilometer schwimmt, dann 40 Kilometer Rad fährt und zum Schluss noch einmal zehn Kilometer läuft - für die Nationalfarben Österreichs. Ein Hallenser als Ösi bei Olympia, das ist wohl einmalig.

Wie es dazu kam? Viele Jahre hat Springer auf dieses eine Ziel, die Olympischen Spiele, hingearbeitet. Immer waren andere deutsche Triathleten besser, fiel er aufgrund der limitierten Starterzahl hinten runter. Nicht zuletzt auch, weil sein Körper brutal Zwangspausen eingefordert hat. 2005 etwa mit dem Pfeifferschen Drüsenfieber oder der Nervenwurzelentzündung im Rückenmark 2008.

Umweg über Staatsbürgerschaft

Und doch hat sich Springer immer wieder zurückgekämpft. Doch warum der Umweg über Österreich? Die Liebe hat ihm diese Tür geöffnet. Veronika, eine Mathe-Lehrerin aus Salzburg ist seit 2008 seine „Goldmedaille“, wie er sagt. „Seit 2010 besitze ich die doppelte Staatsbürgerschaft“, erklärt er. Von den 50 Anträgen, die damals gestellt worden waren, seien drei bewilligt worden, berichtet Springer, neben seinem noch der von Oscar-Preisträger Christoph Waltz sowie ein Fußballer, dessen Name ihm entfallen ist.

Dabei fußt sein Glücksfall auf dem Pech eines Freundes. Als sein früherer Trainingskamerad Andreas Raelert, der Olympia-Sechste von 2004, sich nicht für die Spiele in Peking hat qualifizieren können, überredete dieser ihn zu einem Trainingslager in der Alpenrepublik. Da hatte es dann gewaltig gefunkt. Seitdem steht ihm seine Lebensgefährtin in guten wie in schlechten Zeiten bei.

Als 2010 bei einem Wettkampf in der Türkei ein Kontrahent Springer ins Rad fuhr, verletzte sich dieser beim Sturz böse an der Hüfte und zog sich einen Oberschenkel-Halsbruch zu. In einer Klinik am Unglücksort wurde Springer operiert. Dabei, sagt er, sei viel schief gegangen. Im halleschen Bergmannstrost hatte man den ausgebildeten Masseur und medizinischen Badmeister neu verschraubt und das ganze Metall wieder entfernt. „Die Ärzte haben da so einen tollen Job gemacht, durch sie habe ich das Unmögliche geschafft und konnte meinen Sport weitermachen“, erinnert sich Springer. Der Weg zurück war dennoch steinig.

Noch ein Olympia-Zyklus

Vor einem Jahr nahm Filliol Springer auf dessen Anfrage hin in seine erlesene Trainingsgruppe auf. Dafür zahlt Springer ihm monatlich ein Honorar, beteiligt ihn zudem an Preisgeldern. Fast das ganze Jahr über sind sie irgendwo in der Welt zusammen in einem Camp. Das Training mit Männern wie Vizeweltmeister Mario Mola aus Spanien hat Springer zu der Schnelligkeit und Wettkampfhärte verholfen, die er brauchte, um bei WM- und Weltcup-Rennen zu punkten. In zwei Monaten hat er acht Hochkaräter bestritten und so das verlorene Jahr im zweijährigen Olympia-Ranking aufgeholt.

Nun ist er zum Luftholen in Halle, erledigt einige Vorbereitungen. An den nächsten Wochenenden warten noch zwei Bundesliga-Rennen für Buschhütten sowie am 16. Juni der WM-Start in Hamburg. Von da aus geht es direkt zur Olympia-Einkleidung und die Verabschiedung durch Österreichs Bundespräsidenten nach Wien, bevor sich seine - allesamt für Olympia qualifizierten - Trainingskollegen in Les Angeles in Frankreich zur letzten Rio-Vorbereitung treffen.

Und wenn sich Thomas Springer seinen Traum erfüllt hat, geht er dann in den sportlichen Ruhestand? „Einen Olympiazyklus würde ich gern noch machen“, sagt er dazu. Das „Servus!“ wird man also nicht so schnell hören.  (mz)

Diese Schrauben steckten im Körper von Thomas Springer.
Diese Schrauben steckten im Körper von Thomas Springer.
Petra Szag