Tennis-Turniere Tennis-Turniere: Preisgelder explodieren

BAD GASTEIN/HAMBURG/SID - Neulich in Wimbledon hat Finalistin Sabine Lisicki die Geschichte von dem kleinen roten Japaner erzählt. Das am Ende recht klapprige Auto der Familie wurde gefahren, bis es 268.000 Kilometer auf dem Tacho hatte - und schließlich den Geist aufgab. Es gibt sie noch, die Bescheidenheit im Tennis-Zirkus. Doch grundsätzlich boomt und klotzt die Branche. Von Wirtschaftskrise keine Spur auf den Courts dieser Welt, 2013 wird im Profi-Tennis so viel Preisgeld ausgeschüttet wie noch nie. Addiert man alle Dotierungen der vier Grand-Slam-Turniere, kommt man auf knapp 100 Millionen Euro. 2012 waren es „nur“ knapp 80 Millionen Euro.
Wimbledon-Sieger kassiert 1,9 Millionen Euro
In Wimbledon etwa kassierten Sieger und Siegerin umgerechnet jeweils knapp 1,9 Millionen Euro, nachdem das Gesamt-Preisgeld beim bedeutendsten Rasenturnier binnen eines Jahres mal so eben um 40 Prozent nach oben geschraubt worden war. Die Weltrangliste als eine Insel der Glückseligkeit? Fed-Cup-Spielerin Andrea Petkovic weist bei aller Wertschätzung darauf hin, dass die Profis insgesamt nur 18 Prozent von dem bekommen, was die Turnier-Veranstalter einnehmen. „Wenn man das bedenkt, ist es eigentlich wenig, dass die Profis als Hauptakteure nur diesen Anteil vom Kuchen abbekommen“, sagte die ehemalige Nummer neun der Welt dem SID. Zum Vergleich: In der amerikanischen Basketball-Liga NBA beispielsweise werden nach Angaben des Tennis-Magazin 51 Prozent der Klubeinnahmen in Form von Gehältern an die Spieler weitergegeben.
Profis wie Petkovic, die derzeit bei den Nürnberger Ladies Open in Bad Gastein aufschägt, haben im Jahr Kosten zwischen 300.000 und 500.000 für Hotels, Flüge und die Bezahlung von Trainern und Physiotherapeuten. „Außerdem muss man bedenken, dass man als Spieler einen hohen Preis zahlt - wir bezahlen mit unserer Gesundheit. Zudem hatten wir nicht die Möglichkeit, eine gute Ausbildung zu machen“, sagte die 25-jährige Petkovic, die in ihrer Karriere bislang umgerechnet rund 2,1 Millionen Euro gewonnen hat. Das Ende der Fahnenstange ist in punkto Preisgeld aber anscheinend noch nicht erreicht. Bei den US Open in New York soll die Dotierung bis 2017 im Vergleich zum vergangenen Jahr nahezu verdoppelt werden. In vier Jahren spielen die Profis in Flushing Meadows dann um umgerechnet rund 38,662 Millionen Euro.
Man darf gespannt sein, ob die Funktionäre aus Wimbledon, Paris und Melbourne da nachziehen. Konfliktpotenzial birgt weiter die Tatsache, dass Frauen und Männer bei den Grand-Slam-Turnieren gleich bezahlt werden, obwohl es für die Herren der Schöpfung über drei statt zwei Gewinnsätze geht. „Lächerlich“, nennt das der Weltranglisten-16. Janko Tipsarevic (Serbien). Sein französischer Kollege Gilles Simon sieht es ähnlich: „Tennis ist heutzutage der einzige Sport, in dem Gleichheit herrscht. Obwohl Herren-Tennis deutlich attraktiver ist als das der Damen.“
Petkovic: Eine gleiche Bezahlung ist absolut fair
Petkovic kontert den Vorwurf: Eine gleiche Bezahlung sei absolut fair. „Wir trainieren genauso hart und genauso viele Stunden wie die Männer“, meint die Hessin: „Wenn Frauen die gleiche Arbeit und den gleichen Aufwand leisten, sollte sie auch genauso bezahlt werden wie die Männer.“ Ein prominenter Fürsprecher sprang ihr am Rande des ATP-Turniers in Hamburg zur Seite: Roger Federer. „Ich finde es okay, dass die Frauen gleichviel bekommen wie wir. Sie haben sich das auch verdient“, sagte der Grand-Slam-Rekordsieger.
Der 31-jährige Schweizer hat in seiner Karriere umgerechnet etwa 59,4 Millionen Euro an Preisgeld gewonnen - so viel wie noch kein Tennisprofi vor ihm. Federer ist auch das beste Beispiel dafür, dass die Branche boomt. Er verdiente in der vergangenen Saison im Vergleich zu 2006 rund 150.000 Euro mehr, obwohl er sechs Jahre zuvor doppelt so viele Titel (12) geholt hatte wie 2012.