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Handballer Stefan Kretzschmar im Jahr 2015 Stefan Kretzschmar: Handball-Star spricht über Tochter Lucie-Marie

28.07.2015, 06:46
Stefan Kretzschmar ist als Experte für Sport1 in ganz Deutschland unterwegs.
Stefan Kretzschmar ist als Experte für Sport1 in ganz Deutschland unterwegs. imago Lizenz

Leipzig - Der Männer-Handball in Leipzig ist wieder erstklassig. Auch dank Stefan Kretzschmar. Der 218-fache Ex-Nationalspieler zieht beim SC DHfK die Fäden im Hintergrund. Enrico Werner sprach in Leipzig mit ihm über die Visionen des Vereins, den SC Magdeburg und über Querelen im deutschen Handball.

In knapp vier Wochen startet das Projekt erste Liga im Leipziger Handball. Es war ein steiler Aufstieg für den SC DHfK Leipzig. Sie sind damals 2009 in der Oberliga eingestiegen, der vierten Liga. Warum?

Stefan Kretzschmar: Manchmal frage ich mich, wie irre ich damals war, in die vierte Liga zu gehen. Jetzt ist klar, dass es Sinn machte und man die Vision nicht umsonst hatte. Und dann kommt der emotionale Aspekt. Wenn ich keine emotionale Bindung zu etwas habe, dann wird es für mich schwer, Überzeugungsarbeit zu leisten. Sei es bei Spielern oder bei Sponsoren. Ich bin hier geboren in dieser Stadt. Meine Eltern haben hier große Erfolge gefeiert.

Bundesliga-Aufsteiger SC DHfK Leipzig wird am Donnerstag beim BWG-Cup in der Erdgas Sportarena in Halle spielen. Neben Leipzig werden dort auch der Liga-Kontrahent SC Magdeburg, Drittliga-Aufsteiger USV Halle und der HSV Sömmerda aus der Thüringen-Liga dabei sein. Los geht es ab 18 Uhr. Im Halbfinale treffen Magdeburg und Halle sowie Leipzig und Sömmerda aufeinander. Karten kosten zwischen acht und 15 Euro. Mehr Infos unter: top-sport-werbeagentur.de/bwg-cup-2015

Wie sehr glauben Sie an den Standort Leipzig?

Kretzschmar: Bei den Gesprächen, die ich mit potenziellen Sponsoren geführt habe, hat man gemerkt, dass das ein Standort ist, wo erste Liga möglich ist. Dass es sich dann innerhalb so kurzer Zeit ermöglichen lässt, ist herausragend. Das hätte ich nicht erwartet. Das ist ja Wahnsinn. Das ist wie ein wahrgewordener Traum.

Sie sind Mitglied im Aufsichtsrat. Wie groß ist eigentlich ihr Einfluss im Verein?

Kretzschmar: Das kann man nicht an Zahlen oder Fakten festmachen. Es gibt ein Vierer-Konglomerat mit dem Geschäftsführer, dem Trainer, dem Manager und mir, welches alle Entscheidungen gemeinsam trifft. Ich glaube, dass ich einen großen Einfluss auf neue Sponsoren hatte und habe. Dieser Verein ist im Budget von 50 000 auf mittlerweile 2,2 Millionen Euro gewachsen. Ich glaube, dass sich die Spieler für Leipzig entscheiden, weil wir ein gutes Konzept haben und da gehört mein Name dazu.

Sie haben den Etat angesprochen. Der liegt bei 2,2 Millionen Euro. Das ist nicht viel im Vergleich mit anderen Teams. Will man nach oben blicken oder ist nur der Klassenerhalt ein realistisches Ziel?

Kretzschmar: Nach oben zu blicken ist völliger Schwachsinn. Das wäre Harakiri. Es geht einzig und allein darum, die Liga zu halten. Dafür ist der Etat gut. Dass der Kader die Klasse hat, die Liga zu halten, davon sind wir überzeugt. Sollten Verletzungen auftreten, haben wir die Möglichkeit, in der Winterpause nach zu verpflichten. Ein wichtiger Faktor ist auch die Zuschauerresonanz. Was wird in der Arena Leipzig möglich sein und was kann man darüber für Einnahmen generieren? Ich glaube, dass wir für einen Aufsteiger einen guten Etat haben und auch Möglichkeiten, den zu erhöhen.

Werfen Sie eigentlich auch manchmal noch einen Blick nach Magdeburg? Ihr alter Verein, der SC Magdeburg hat dort in der letzten Saison die beste Saison seit Jahren gespielt.

Kretzschmar: Natürlich verfolge ich das. Ich bin auch relativ nah dran und einmal die Woche in Magdeburg. Überraschend ist, dass sie diesen Erfolg nicht schon zwei Jahre eher hatten mit diesen Möglichkeiten - mit einem Sechs-Millionen-Etat. Magdeburg hat die geilste Halle der Welt mit einem sehr euphorischem Publikum. Der Erfolg kam für mich nicht überraschend, weil die Mannschaft in den erweiterten Kreis der Champions-League-Anwärter hingehört.

Auf der nächsten Seite spricht Stefan Kretschmar über den DHB, seinen Vertrag und seine Tochter.

Im DHB gibt es große Unruhen. Die Landesverbände von Bayern, Hessen, Niedersachsen und Baden-Württemberg haben einen Antrag gestellt, alle Vizepräsidenten abzuwählen. Dabei wurde erst vor zwei Wochen vorgeschlagen, Andreas Michelmann, den Ascherslebener Oberbürgermeister und DHB-Vizepräsidenten für Amateur- und Breitensport, zum Präsidenten wählen zu lassen. Was halten Sie von ihm?

Kretzschmar: Man muss sich an Fakten halten. Fakt ist: Bernhard Bauer war ein guter Präsident. Es ist bedauerlich für den deutschen Handball, dass diese Ära zu Ende gegangen ist. Fakt zwei: Die Querelen zwischen den Personen sind kontraproduktiv. Daher glaube ich, dass Michelmann kein schlechter Name wäre. Ich habe ihn als sehr diplomatischen Menschen wahrgenommen. Er hat in Aschersleben sehr viel bewegt. Er hat einige Kontakte zur Wirtschaft. Wie er auf internationaler Ebene agiert, wie seine Fremdsprachen-Kenntnisse sind, das kann ich nicht beurteilen. Ich weiß nur, dass er ein fähiger und guter Mann ist. Er hatte immer ein offenes Ohr für Probleme und Meinungen. Der auch Meinungen akzeptiert und nicht Meinungen macht. Das ist eine gute Voraussetzung für einen Präsidenten. Aber man darf der Wahl im September nichts vorwegnehmen. Wer weiß, wer sich noch alles zur Wahl stellt.

Wie sehen Sie denn den deutschen Handball gerade?

Kretzschmar: Sportlich sind wir aus der Talsohle raus. Da wurden einige Sachen sehr, sehr gut gemacht. Ich halte eine Menge vom Bundestrainer Dagur Sigurdsson. Mit dem Wort geht man gerne inflationär um, in diesem Fall stimmt es: Er ist ein Glücksfall für den deutschen Handball. Er hat dieser Mannschaft Leben und Struktur gegeben. Wir haben gute Talente und traditionell einen guten Nachwuchs. Und er hat den Mut, diesen Nachwuchs auch einzusetzen. Wir sind für das nächste Großereignis, die EM 2016 in Polen endlich auch mal wieder sportlich qualifiziert. Das wird eine geile Herausforderung, wieder im Konzert der Großen mitspielen zu können. Deutschland gehört da hinzu.

Sie hatten sich vor über zwei Jahren auch mal als Sportdirektor beim DHB beworben. So wurde es zumindest geschrieben…

Kretzschmar: Ich habe mich nie beworben und habe mich auch nicht selbst ins Spiel gebracht. Wenn man Schlagzeilen machen will, wird mein Name gerne benutzt. Wenn irgendwelche Posten im deutschen Handball vergeben werden, spielt mein Name immer mal gerne eine Rolle. Aber ich würde mich nie für einen solchen Posten ins Spiel bringen.

Es ist also keine Option für Sie, im deutschen Handball einzusteigen?

Kretzschmar: Mein Leben ist perfekt. Ich würde ungern dieses Leben ändern wollen. Sollte dieses Leben so wie es ist, die nächsten zehn Jahre finanzierbar sein, gibt es keinen Grund, davon abzuweichen. Na klar gibt es immer wieder Träume, Ideale und Wünsche. Meistens bin ich jemand, der aus dem Bauch heraus entscheidet. Deswegen will ich nichts ausschließen, was die Zukunft betrifft. Aber ich bin nicht auf der Suche.

Sie haben mal gesagt, Sie wollen noch mindestens ein Jahr beim DHfK bleiben. Ist das immer noch der aktuelle Stand?

Kretzschmar: Das kann ich noch nicht sagen. Wir haben jetzt die Mission beendet. Eine Mission, über die alle gelacht haben: Wir wollen in die erste Liga. Da sind wir jetzt. Deswegen ist der Druck raus. Ich bin sicher, dass das Baby irgendwann ohne mich laufen kann. Die Aufgabe ist es, den DHfK in sicheres Fahrwasser zu führen. Ich werde nicht vier oder fünf Jahre planen.

Ihre 15-jährige Tochter Lucie-Marie spielt in der B-Jugend des HC Leipzig. Wie sehen Sie das als Vater? Kann Sie irgendwann den Sprung in die erste Mannschaft schaffen?

Kretzschmar: Sie ist eine Kämpferin. Sie hat Enthusiasmus, liebt Handball über alles und ordnet fast alles unter. Ob Sie den Sprung in die erste Mannschaft oder die Nationalmannschaft schafft, ist völlig sekundär. Entscheidend ist, dass sie glücklich ist. Und das ist sie. Sie hat tolle Bedingungen beim HC Leipzig. Das ist ein Vorzeigeverein, was Frauenhandball betrifft. Wenn sie ein glücklicher Mensch ist, dann bin ich das auch. Sie soll sich ihre eigenen Ziele setzen. Aber ich finde, dass sie sehr talentiert ist. Ich versuche gleichzeitig, so viel Druck wie möglich wegzunehmen. Dass sie behütet aufwachsen kann. Zu viel Druck kann ein Kind auch kaputt machen.

(mz)

Stefan Kretzschmar gibt Autogramme.
Stefan Kretzschmar gibt Autogramme.
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