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Australian Open „Nicht gut genug“: Zverevs Final-Trauma verhindert Krönung

Auch im dritten Grand-Slam-Finale bleibt Alexander Zverev nur der Trostpreis. Der Tennisprofi lobt den überlegenen Sieger Jannik Sinner und kritisiert sich selbst. Zuspruch kommt von allen Seiten.

Von Jörg Soldwisch, dpa Aktualisiert: 26.01.2025, 15:08
Alexander Zverev darf erneut keine Grand-Slam-Trophäe hochheben
Alexander Zverev darf erneut keine Grand-Slam-Trophäe hochheben Frank Molter/dpa

Melbourne - Sichtlich gezeichnet vom erneuten Final-Trauma wagte Alexander Zverev einen kurzen Blick auf die Silber-Trophäe, die nur einen halben Meter neben ihm stand und doch so unerreichbar war. „Es ist scheiße, neben diesem Ding zu stehen und es nicht berühren zu dürfen“, sagte der deutsche Tennisstar mit einem gequälten Lächeln nach dem verlorenen Titel-Showdown bei den Australian Open gegen den übermächtigen Titelverteidiger Jannik Sinner aus Italien.

Wie schon bei den US Open 2020 und den French Open im Vorjahr bekam Zverev nach einem Grand-Slam-Finale nur den Trostpreis überreicht. Ein drittes Mal war der Hamburger beim letzten Schritt zum ersehnten ersten Titel bei einem der vier Major-Turniere gescheitert. Doch anders als bei seinen Fünf-Satz-Krimis gegen Dominic Thiem und Carlos Alcaraz hatte er diesmal beim 3:6, 6:7 (4:7), 3:6 am süßen Triumph nicht mal schnuppern dürfen.

Sinner in einem „anderen Universum“

„Ich hatte gehofft, mehr Gegenwehr aufzubringen. Aber du warst zu gut - so einfach ist das“, sagte die Nummer zwei der Tennis-Welt an den Weltranglistenersten Sinner gerichtet. Wenig später ergänzte Zverev: Sinner befinde sich „derzeit in einem anderen Universum als alle anderen“.

Sinner, der seine drei bisherigen Grand-Slam-Finals alle gewinnen konnte, zeigte sich als Sportsmann und tröstete Zverev mit Worten und Taten. „Es ist wieder ein harter Tag für dich. Du bist ein unglaublicher Spieler, glaube weiter an dich“, sagte der 23-Jährige. Alle auf der Tour wüssten, „wie stark du bist, nicht nur als Spieler, sondern auch als Person“. Er sei sich sicher, dass Zverev „sehr bald“ eine der vier Grand-Slam-Trophäen hochheben dürfe.

Noch vor der Siegerehrung hatte Sinner beide Hände auf Zverevs Schultern gelegt, auf ihn eingeredet und ihn dann umarmt. Auch Boris Becker sprach Zverev bei Eurosport ein „Riesenkompliment“ aus. „Fantastisches Turnier gespielt, fantastische Einstellung - aber er hat heute gegen einen Besseren verloren.“ 

Tennis-Deutschland muss weiter warten

Becker bleibt mit seinem Triumph in Melbourne 1996 der bislang letzte deutsche Grand-Slam-Turniersieger bei den Männern. Zverev muss einen neuen Anlauf nehmen. Bei seiner Rede lobte er sein Team - und kritisierte sich selbst: „Ich bin einfach nicht gut genug - so einfach ist das.“ Als Reaktion darauf gab es vom Publikum Applaus - Becker reagierte am Mikrofon fast fassungslos: „Sag' doch sowas nicht, Sascha, du bist der zweitbeste Spieler der Welt, mein Gott.“

Doch alle Aufbau-Versuche trösteten Zverev nur wenig. Die Siegerehrung verfolgte er größtenteils mit verschränkten Armen und leerem Blick, seine Silber-Schale für den zweiten Platz zeigte er ohne wirkliche Freude her. „Ich möchte meine Karriere auf keinen Fall als bester Spieler aller Zeiten beenden, der nie einen Grand Slam gewonnen hat“, sagte er: „Ich werde weiterhin alles tun, um eine dieser Trophäen zu gewinnen.“

Becker: „Perfektes Match“ von Sinner

Sinner, der seinen 21. Sieg in Serie holte, schrieb dagegen Tennis-Geschichte für sein Heimatland. Er ist jetzt mit drei Grand-Slam-Titeln der erfolgreichste Spieler Italiens - und das im Alter von gerade mal 23 Jahren.

Am australischen Nationalfeiertag hatte Zverev in den Aufschlagspielen seines Gegners so gut wie keinen Zugriff. Im gesamten Match konnte er sich keinen einzigen Breakball erarbeiten. „Jannik Sinner hat ein perfektes Match gezeigt“, lobte Becker. 

Aus den meisten längeren Ballwechseln ging der Italiener als Sieger hervor. Zverev machte vor allem mit der Vorhand zu viele Fehler, die Länge in seinen Schlägen passte oft nicht. Auch einige Stopps und Volleys misslangen. 

Sinners Griff an den Oberschenkel

Sinner, der während des Turniers mit körperlichen Problemen zu kämpfen hatte, musste im zweiten Satz beim Stand von 3:4 eine Schrecksekunde überstehen: Nach einem langen Ausfallschritt griff er sich mit der Hand an den hinteren linken Oberschenkel. Doch es gab keinen körperlichen Einbruch. 

Im verlorenen Tiebreak hatte Zverev großes Pech, als er durch einen Netzroller zum 4:5 entscheidend ins Hintertreffen geriet. Auf der Bank ließ er dann seinen Frust raus, indem er den Schläger auf seine Tasche drosch. Sinner blieb dominant und verwandelte nach 2:42 Stunden seinen ersten Matchball.

„Es ist erstaunlich, wie Jannik Sinner diese Nebengeräusche kaltlassen“, sagte Becker. Sinner wird von einem Doping-Schatten begleitet. Ihm droht durch die Verhandlung vor dem Internationalen Sportgerichtshof Cas im April wegen seines Freispruchs nach zwei positiven Doping-Test nach wie vor eine Sperre von bis zu zwei Jahren.