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Vor Winterspiel-Premiere 2026 Von wegen Gipfelbrot: Skibergsteiger heiß auf Olympia-Debüt

Mehr als eine halbe Million Deutsche gehen auf Skitouren. 2026 ist Skibergsteigen erstmals olympisch - das soll den Sport auf eine neue Ebene hieven. Auch eine deutsche Top-Athletin ist vorn dabei.

Von Manuel Schwarz, dpa 25.03.2025, 11:28
Skibergsteigen wird 2026 olympisch - das soll der Sportart einen großen Schwung bringen.
Skibergsteigen wird 2026 olympisch - das soll der Sportart einen großen Schwung bringen. Maxime Schmid/KEYSTONE/dpa

München - Tatjana Paller muss ein wenig schmunzeln. Klar, ihre künftig olympische Sportart Skibergsteigen hat den Ursprung im traditionellen Skitourengehen, das ist schon richtig. „Aber bei uns gibt es natürlich kein gemütliches Gipfelbrot“, sagt die Oberbayerin, eine der Besten ihres Fachs.

Knapp ein Jahr vor der Olympia-Premiere wächst das Interesse an der bald jüngsten Sportart unter den fünf Ringen. Und auch bei den meisten Athletinnen und Athleten steht längst alles im Zeichen von Mailand und Cortina 2026.

Die 29 Jahre alte Paller gehört zu den stärksten Frauen im Skibergsteigen, zuletzt feierte sie mit Bronze bei der WM ihren bislang größten Erfolg. Die Aussicht auf die schillerndste Sportbühne im nächsten Februar elektrisiert zusätzlich. „Die Aufmerksamkeit, die man durch Olympia bekommt, ist schon krass“, erzählt die Starnbergerin der Deutschen Presse-Agentur. „Ich versuche, das bewusst zu genießen - wer weiß, ob es noch mal so sein wird.“

Nach Skitouren-Boom: Zwei Disziplinen in Olympia-Programm

Skitourengehen boomt. Laut Schätzung des Deutschen Alpenvereins (DAV) gehen hierzulande 600.000 Leute auf Skitouren, die Zahl der Aktiven habe sich in den vergangenen 20 Jahren verdreifacht. Immer mehr marschieren - statt im freien, manchmal gefährlichen Gelände - seitlich der präparierten Pisten den Berg hoch. Ähnliche Trends gibt es in Ländern wie Österreich und der Schweiz.

Also schlug das Internationale Olympische Komitee (IOC) zu und nahm die Sportart mit zwei Disziplinen ins Programm. Im Sprint müssen die Athletinnen und Athleten zunächst einen Hang hinauf, teils auf Skiern, teils mit den Skiern auf dem Rücken festgeschnallt. Spezialfelle unten an den Skiern sorgen - wie beim klassischen Tourengehen - dafür, dass man nicht zurückrutscht. Oben angekommen werden die Felle von den Skiern gezogen und die finale Abfahrt ins Ziel steht an.

In der Teamstaffel als zweiter olympischer Disziplin absolvieren ein Mann und eine Frau jeweils zweimal diesen Parcours. Paller und ihr Partner Finn Hösch haben beste Chancen, sowohl im Teamevent als auch in den Einzel-Sprints bei den Winterspielen dabei zu sein.

Spannungspotenzial wie beim Biathlon - aber auch Kritik

Tatjana Paller vergleicht die Disziplinen mit Biathlon. Dort kann man zwar ein guter Langläufer sein, sich am Schießstand aber viel verballern. Im Skibergsteigen sind die Wechsel mit dem An- und Abschnallen der Skier Momente, bei denen einiges schiefgehen kann. Ähnlich wie die Biathleten hoffen auch die Skibergsteiger, durch ihre Disziplinen und kurzweilige Ausscheidungsrunden attraktive Events zu zeigen. Diese finden bei Olympia 2026 in Bormio auf dem Schlussteil der berühmten Stelvio-Abfahrt statt.

Traditionalisten sind nicht begeistert. Sie finden, dass sich ihr ursprünglich von Freigeistern und Outdoor-Junkies geprägter Sport einem IOC-Joch unterwirft. Ähnliche Kritik hatte es schon gegeben, als in der Vergangenheit etwa Snowboarden oder Sportklettern olympisch geworden waren.

Pallers Olympia-Traum über den zweiten Bildungsweg

Beim Skimo - das ist die Kurzform der Bezeichnung Ski Mountaineering - bleibt vor allem die Königsdisziplin draußen, das Individual. Dort haben Sportler im freien Gelände mehrere Aufstiege, Abfahrten und Tragepassagen zu bewältigen. „Dies bildet das klassische Skitourengehen ab“, schildert der deutsche Bundestrainer Maximilian Wittwer. Für das Fernsehen sind solche Events, die meist eineinhalb Stunden dauern, aber schwierig aufzubereiten. „Es ist vergleichbar mit dem 50-km-Langlauf“, sagt Coach Wittwer. Im Olympia-Wettbewerb werden die Runden nur jeweils wenige Minuten dauern.

Tatjana Paller will sich ihren Olympia-Traum auf dem zweiten Bildungsweg erfüllen: Früher war sie Radsportlerin, 2017 sogar U23-Europameisterin auf der Bahn im Punktefahren. Für die Sommerspiele 2016 war sie als Ersatzfahrerin nominiert, schaffte es so aber nicht nach Rio de Janeiro. 2020 machte sie dann ihr Hobby Skitourengehen zum Beruf Skibergsteigen. Ausdauer, Kondition und Biss hatte sich die Sportsoldatin schon auf dem Rennrad angeeignet.

Bundestrainer hofft auf großen Olympia-Schwung

Während die Aktiven um ihr persönlichen Erfolg kämpfen, hofft Bundestrainer Wittwer, dank Olympia die Sportart generell bekannter zu machen. „In Deutschland ist das eine sehr, sehr kleine Gemeinde, die Skibergsteigen leistungssportlich betreibt“, schildert er. Gerade mal 16 Sportlerinnen und Sportler sind im Nationalkader. Dahinter gebe es noch einzelne Regionen oder DAV-Sektionen, die Skimo fördern - mehr nicht.

„Der Bekanntheitsgrad fehlt, das ist der nächste Schritt“, sagt Wittwer. „In den Corona-Jahren gab es einen brutalen Aufschwung beim Skitourengehen. Wenn es im Breitensport so viele Interessierte gibt, dann ist der Schritt zum Leistungssport nicht mehr so weit.“ Der Fokus und die große Hoffnung richten sich nun auf den 13. und 15. Februar 2026, wenn die Olympia-Rennen anstehen.