Pferdesport Tierquälerei in Dänemark und USA schockt Dressur-Szene
Sperren und Anzeigen: Aufnahmen von misshandelten Dressur-Pferden führen zu ersten Konsequenzen. Die olympische Reitsport-Disziplin ist nach „widerlichen“ Bildern aber weiter in Aufruhr.
Warendorf - Die teils wackeligen Bilder aus den USA haben die Dressur-Welt erschüttert. Immer wieder schlägt ein Mann während einer Trainingseinheit von hinten mit einer Gerte auf ein Pferd ein. Videos von der Anlage des US-Reiters Cesar Parra sind der zweite Schock nach einer TV-Reportage aus der Halle des dänischen Dressurreiters und Pferdehändlers Andreas Helgstrand.
Es habe Gerüchte gegeben, berichtete Bundestrainerin Monica Theodorescu der dpa: „Die Bilder sind aber schlimmer als befürchtet.“ Soenke Lauterbach, Generalsekretär des Deutschen Verbandes FN, sagte zu den Aufnahmen aus den USA: „Was in den Videos und Bildern zu sehen ist, ist widerlich.“ Und die auch Dressur reitende Vielseitigkeits-Olympiasiegerin Ingrid Klimke kommentierte beim NDR: „Ich bin fassungslos. Es ist einfach grausam und brutal.“
Aggressives Reiten und Wunden
Empörung lösten zunächst im November die Aufnahmen aus einer Halle des Handelsstalls Helgstrand Dressage aus, die der dänische Sender TV2 ausstrahlte. Gezeigt werden unter anderem Pferde mit offenen Wunden vom Sporeneinsatz und Striemen von Gerten sowie aggressives Reiten. „Als ich die Videoclips gesehen habe, war ich selbst geschockt. Das war sehr traurig zu sehen“, sagte Helgstrand in einem Video auf seiner Internetseite. „Ich werde alles tun, dass es nicht wieder passiert.“
Der zweimalige Olympia-Teilnehmer ist auf den TV2-Bildern selber nicht zu sehen, es sind Mitarbeiter seines Stalls. Der dänische Verband schloss den 47-Jährigen trotzdem vom Nationalteam aus. Weiter geht der Pferdehandel, das ist ein großes Geschäft. Helgstrand hat nach eigenen Angaben vom 1. Juli 2022 bis zum 30. Juni 2023 rund 50 Millionen Euro Umsatz und einen Betriebsgewinn von 2,28 Millionen erwirtschaftet.
Drastische Bilder aus den USA
Helgstrand darf bei den Olympischen Spielen in Paris nicht reiten, möglicherweise sind aber Pferde von ihm am Start. Jovian wird jetzt von dem in Dülmen lebenden Schweden Patrik Kittel geritten, Wendy von der deutschen Rekordreiterin Isabell Werth aus Rheinberg. „Beide Pferde befinden sich auf dem Höhepunkt ihrer Karrieren, daher ist es nur sinnvoll, dass sie optimale Bedingungen haben sollten, um ihr sportliches Potenzial zu entfalten, während Andreas Helgstrand 2024 außerhalb des Wettbewerbs ist“, heißt es auf der Internetseite des Dänen.
Noch drastischer als die TV2-Bilder aus Dänemark sind die Aufnahmen aus den USA. Die Deutsche Reiterliche Vereinigung FN habe „aus unterschiedlichen Quellen eine Sammlung von Videos und Bildern erreicht, die einen schockierenden Umgang mit Pferden zeigen“, heißt es einer FN-Mitteilung. Der US-Dressurreiter Cesar Parra ist vom Weltreiterverband (Fei) am 2. Februar gesperrt worden.
Der Verband sieht „strafrechtliche Relevanz“
Die FN hat vor zwei Wochen wegen mutmaßlicher Tierquälerei in den USA Anzeige gegen zwei Deutsche gestellt, die beim Fall Para zu identifizieren waren. „Wir werden alle Register ziehen, um dagegen vorzugehen“, sagte Generalsekretär Lauterbach. „Hier geht es um strafrechtliche Relevanz, daher wenden wir uns an die staatlichen Behörden, die weitaus größere Ermittlungs- und Sanktionsmöglichkeiten haben.“ Intern habe die FN ein Ausschlussverfahren gegen die beiden Personen eingeleitet.
Dressur-Bundestrainerin Theodorescu wirkt angesichts der Vorfälle immer noch geschockt. „Ich lehne das total ab“, kommentierte sie. Zum Trainings-Video aus den USA sagte Theodorescu im Namen des FN-Trainerteams: „Wir verurteilen solchen Umgang mit dem Partner Pferd aufs Schärfste. Wir begrüßen das harte Vorgehen des Verbandes und distanzieren uns deutlich von Trainingsmethoden dieser Art.“ Sie stehe „für die korrekte Dressurausbildung von Reitern und Pferden nach der klassischen Reitlehre“.