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Förderer zahlreicher Stars Tennis-Welt trauert um Trainer-Legende Nick Bollettieri

In seiner Akademie hat Nick Bollettieri viele Tennis-Weltstars geformt. Seine Methoden brachten ihm allerdings auch Kritik ein. Nun ist der langjährige Trainer gestorben.

Von Robert Semmler, dpa Aktualisiert: 20.12.2022, 16:09
Tennis-Trainer Nick Bollettieri ist im Alter von 91 Jahren gestorben.
Tennis-Trainer Nick Bollettieri ist im Alter von 91 Jahren gestorben. Georg Hochmuth/Archiv/dpa

Bradenton - Er posierte gern mit freiem, sonnengebräuntem Oberkörper, Sonnenbrille und Tennisschläger vor der Brust: Trainer-Legende Nick Bollettieri formte in seiner Akademie in Florida zahlreiche Stars.

Zu den Schützlingen des Amerikaners zählten auch Wimbledon-Finalistin Sabine Lisicki, die einstige deutsche Nummer eins, Tommy Haas, und zwischenzeitlich auch Boris Becker. Tennis-Promis wie Andre Agassi, Venus und Serena Williams, Maria Scharapowa, Jim Courier, Monica Seles und Anna Kurnikowa formte er zu Welt-Stars. Nun ist Bollettieri im Alter von 91 Jahren gestorben, wie die von ihm gegründete IMG Academy in Bradenton mitteilte.

Er sei Sonntagabend zu Hause in Florida nach eine Serie gesundheitlicher Probleme gestorben, sagte dessen Manager Steve Shulla der Nachrichtenagentur AP. „Nachdem er krank geworden war, hat er viele wunderbare Nachrichten früherer Schüler und Spieler und Trainer erhalten. Einige haben ihn besucht. Von anderen bekam er Videos. Er hat so viele Leben berührt und hatte einen großartigen Abschied“, sagte Shulla.

Abschieds-Post von Haas

Schon vor einigen Wochen hatte Bollettieris Tochter mitgeteilt, ihr Vater sei kurz vor dem Wechsel „an den nächsten Ort“. Haas verabschiedete sich in einem emotionalen Post bei Instagram von seinem einstigen Coach. „Du warst ein Träumer und ein Macher und ein Pionier in unserem Sport, wirklich einmalig“, schrieb der frühere Weltranglisten-Zweite.

Lisicki stellte bei Twitter heraus, Bollettieri habe vielen Kindern einen Platz gegeben, um an ihrem Traum zu arbeiten. Er habe sie mit seinem Wissen unterstützt und dem Glauben daran, dass alles möglich sei. „Ich hatte das Glück, eines von ihnen zu sein“, schrieb Lisicki. Bollettieri habe den Tennissport mitgeformt. Den dreimaligen Wimbledonsieger Becker betreute er anderthalb Jahre lang zwischen 1993 und 1995, Bollettieri beendete das Arbeitsverhältnis damals kurz vor dem Beginn der US Open.

Der frühere Fallschirmspringer hatte seine Akademie 1978 in Bradenton gegründet und galt zeitlebens auch als PR-Profi, der sich zu vermarkten wusste. „Tennis wäre ohne Nicks Einfluss nicht dort, wo es heute ist“, würdigte Jimmy Arias, der Tennisdirektor der IMG Academy Bollettieri, am Montag in einer Mitteilung.

„Unser Sport hat einen seiner leidenschaftlichsten Trainer und Fürsprecher verloren. Nick war immer positiv und in der Lage, das Beste aus denen herauszuholen, die das Glück hatten, mit ihm zu arbeiten“, schrieb die zwölfmalige Grand-Slam-Siegerin Billie Jean King auf Twitter. 

Auch die einstige Weltklasse-Spielerin Chris Evert fand warme Worte zum Abschied: „Abgesehen davon, dass du der größte Trainer aller Zeiten warst, warst du so nett zu mir, meinen Eltern und meinen Geschwistern … das bedeutete mir mehr als alles andere, du hattest ein großes Herz und Lebensfreude.“

Als Rezept für den späteren Erfolg seiner Schützlinge, von denen viele bereits im Kindesalter bei ihm trainierten, galt das harte Training. Dies brachte Bollettieri, der selbst großen Wert auf seine persönliche Fitness legte, auch viel Kritik ein. Das Verhältnis zu Agassi zerbrach trotz dessen Erfolgen.

„Ich habe nie nachgedacht“

„Es gibt viele negative Dinge, die ich getan habe. Aber hätte ich nachgedacht, bevor ich Dinge getan habe, wäre ich heute nicht dort, wo ich bin“, sagte Bollettieri dem „Spiegel“ vor fünf Jahren. „Ich habe nie nachgedacht. Das bin ich. Ja, auf diese Weise habe ich Fehler gemacht.“

Der mit Steffi Graf verheiratete Agassi beschrieb die Akademie in seiner Autobiografie als „besseres Gefangenenlager“ und beklagte: „Wir kriegen beigefarbenes Fleisch, gallertartige Eintopfgerichte und grauen Papp mit Reis vorgesetzt und schlafen in wackeligen Etagenbetten, die im Schlafsaal an der Holzwand aufgereiht stehen.“ Zusammenfassend befand der Amerikaner: „Wie die meisten Gefangenen verbringen wir unsere Zeit mit schlafen und arbeiten, und unser Steinbruch ist der Tennisplatz.“

Haas blieben dagegen andere Erinnerungen an den einstigen Soldaten Bollettieri im Gedächtnis. Liebenswert-ironisch schrieb der Wahl-Amerikaner und Direktor des Turniers von Indian Wells, er werde vermissen, wie Bollettieri seine Sonnenbräune, seine weißen Zähne und sein Körperfett gezeigt habe. „Ich vermisse, Dich Tai Chi machen zu sehen, mit Dir Golf zu spielen und zu sehen, wie Du zu betrügen versuchst, ein Snickers isst und in die Büsche rennst.“ Er vermisse auch, Bollettieris Pläne im Alter von 91 zu hören, fügte Haas hinzu. „Nochmal danke für alles. Ruhe in Frieden Nickiiiii.“