Turn-WM Team-Chemie stimmt: Turner sichern sich Olympia-Ticket
Die deutschen Turner fahren zu den Olympischen Spielen. Bei der WM erweisen sich Lukas Dauser und Co. einmal mehr als verschworene Gemeinschaft und vergessen auch einen stillen Helden nicht.
Antwerpen - Bundestrainer Valeri Belenki war ungewöhnlich aufgekratzt, Lukas Dauser strahlte stolz und glücklich - nur der heimliche Held Andreas Toba verließ still den Sportpaleis in Antwerpen. Mit dem kurzfristig verletzt ausgefallenen „Hero de Janeiro“ als engagiertem Betreuer hatte sich die deutsche Riege am Samstag bei den Weltmeisterschaften in eine exzellente Ausgangsposition für die Teilnahme an den Olympischen Spielen im nächsten Jahr geturnt, die am Sonntag perfekt wurde.
Auch Finalticket eingetütet
Überdies qualifizierte sich die Riege des Deutschen Turner-Bundes (DTB) für das Mehrkampf-Finale am Dienstag, Dauser für das Einzelfinale im Sechskampf am Donnerstag und am Barren am Sonntag sowie Nils Dunkel für die Entscheidung am Pauschenpferd am Samstag. „Ich bin schon zufrieden. Die Leistung, die die Jungs abgeliefert haben, war Wahnsinn. Das war der schwierigste Wettkampf meines Lebens als Trainer“, sagte Bundestrainer Belenki am Sonntag der Deutschen Presse-Agentur.
248,862 Punkte im Mannschafts-Mehrkampf bedeuteten für Dauser (Unterhaching), Dunkel (Halle/Saale), Pascal Brendel (Wetzlar), Lukas Kochan (Cottbus) und Tobas Ersatzmann Nick Klessing (Halle/Saale) Platz vier in der Zwischenwertung nach dem ersten Tag. Mit Rang fünf in der Endabrechnung erfüllte sich das Quintett seinen Olympia-Traum. „Das ist unglaublich, was wir hier abgeliefert haben“, befand der Olympia- und WM-Zweite Dauser.
Belenki: „Außergewöhnliche Leistung“
„Das war eine außergewöhnliche Leistung“, lobte Belenki seine Mannschaft. Imponiert hatte ihm der Team- und Kampfgeist: „Die Jungs haben die Nerven behalten. Wenn einer vom Gerät runtergegangen ist, weil ein paar Fehler da waren, haben es die anderen Granaten abgesichert.“
Pauschenpferd-Spezialist Dunkel sah es genauso. „Der Wettkampf lief top. Klar, es sind Fehler passiert. Aber das Team hat es alles abgefangen. Wir haben gefightet bis zum Ende und nun stehen wir vor China und der Türkei. Das hätte uns vorher keiner geglaubt“, sagte der 26 Jahre alte EM-Dritte von 2022.
Nichts als Jubel und Freude
Nachdem Dauser als letzter deutscher Starter seinen tadellosen Barren-Vortrag beendet hatte, brachen im Team alle Dämme. Dauser jubelte und schrie vor Freude, alle fielen sich in die Arme. „Wir wissen, dass Lukas unser bester Barren-Turner ist. Das hat er noch mal bewiesen. Die Übung war für die Mannschaft sehr wichtig. Ich bin sprachlos“, sagte Belenki.
Seine sechs Turner inklusive des uneigennützigen Toba haben sich einmal mehr als verschworene Gemeinschaft und sechs Freunde präsentiert. „Wir verstehen uns nicht nur in der Turnhalle, sondern auch außerhalb. Wir mögen uns alle. Das ist eine gute Team-Chemie“, berichtete Dauser.
Toba nur Unterstützer
Während der 30-Jährige und seine Mitstreiter im Rampenlicht der Interview-Zone ihre Darbietungen erläuterten, verließ Toba weitgehend unbeachtet die Halle. Zwei Tage nach seinem WM-Aus wegen einer Knieverletzung hatte der Hannoveraner seine Freunde als engagierter Betreuer unterstützt. „So, wie der uns durch die Übungen geschrien hat, das ist unglaublich. Er ist der wichtigste Mann. Emotional ist es extrem wichtig, dass Andy hier mit dabei war und auch mit im Innenraum“, sagte Dauser.
Toba redete immer wieder mit seinen Teamkollegen, knetete ihnen ein wenig die müden Muskeln und feuerte sie unermüdlich an. „Er hat die Mannschaft super unterstützt. Ein großes Dankeschön an ihn“, sagte der Bundestrainer.
„Hero de Janeiro“
Toba hatte bei den Olympischen Spielen 2016 in Rio de Janeiro einen Kreuzbandriss im rechten Knie erlitten und trotzdem noch im Team-Wettkampf am Pauschenpferd geturnt. Dafür war er als „Hero de Janeiro“ gefeiert worden. Nun hat sich der 32-Jährige in Antwerpen erneut eine Blessur am rechten Knie zugezogen. Noch ist unklar, wie schwer die Verletzung ist. Am Montag steht für den bekannten Routinier zu Hause eine eingehende Untersuchung an.