Reitsport Springreiter Thieme feiert Sieg im Großen Preis des CHIO
Im Großen Preis des CHIO gelingt Springreiter Thieme der Heimsieg. In der Dressur dominiert Rekordreiterin Werth und sichert sich die Fahrt nach Paris.
Aachen - Als Richard Vogel am letzten Hindernis patzte, jubelte André Thieme auf dem Abreiteplatz und riss die Arne hoch. Der Springreiter aus Plau am See gewann zum Abschluss des CHIO den Großen Preis von Aachen und profitierte vom späten Fehler des Konkurrenten. Der 49-Jährige setzte sich vor 40.000 Zuschauern im Sattel von Chakaria durch. „Das ist jetzt die Krönung“, sagte der Ex-Europameister. „Da wird wirklich ein Kindheitstraum wahr.“
Im Stechen der mit 1,5 Millionen Euro dotierten Prüfung zeigten der Reiter aus Plau am See und sein Pferd den schnellsten fehlerfreien Ritt und verdrängten den ebenfalls makellos reitenden US-Reiter McLain Ward mit Ilex auf den zweiten Platz. Dritter wurde Vogel mit United Touch. Der Marburger ritt schneller als Thieme und begann zu jubeln - und bemerkte erst danach seinen Abwurf. „Eine halbe Minute ärgere ich mich“, sagte Vogel: „Und danach freue ich mich über den dritten Platz.“
Noch schwach im Nationenpreis
Für Thieme war es eine Genugtuung, denn: „Ich hatte keine gute Woche.“ Im Nationenpreis hatte er schwach geritten. Aber beim Höhepunkt lief es besser. „Heute sprang Chakaria wie vom anderen Stern“, schwärmte der Reiter von seiner Stute: „Es ist unglaublich, dass ich so ein Pferd reiten darf.“
„Ich habe ihm heute Morgen gesagt, dass er hier gewinnen kann“, berichtete Bundestrainer Otto Becker. Er habe den „richtigen Riecher gehabt“. Das abschließende Springen bezeichnete der Coach als „großes Kino“. Mit den vorderen Platzierungen seiner Reiter „kann ich eine sehr zufriedene Bilanz ziehen“.
Vogel war der erfolgreichste Reiter des Turniers. Der 27-Jährige aus Marburg hatte sich bis zum Großen Preis vier Siege gesichert. „Hier brennt der Kessel“, sagte er zur Stimmung im Stadion. Nach der vergebenen Chance auf den Sieg musste er schlucken. „Ich war mir fast sicher, dass ich es geschafft habe“, sagte Vogel: „Daraus werde ich lernen.“
Titelverteidiger scheitert
Als Titelverteidiger ritt Marcus Ehning in das riesige Stadion. Doch der 50 Jahre alte Routinier konnte nicht wie beim Triumph im Vorjahr mit Stargold einreiten, der nach einer Verletzung im Aufbautraining ist. Mit Coolio blieb er in der ersten Runden ohne Fehler, kam jedoch am Ende nur auf Rang 14, weil er beim letzten Sprung des zweiten Umlaufs einen Abwurf hatte. „Das ist ein relativ neues Pferd“, sagte Ehning: „Er geht zum ersten Mal solch einen Großen Preis.“ Einen schweren Parcours wie Aachen „sind wir auch noch nicht gesprungen“. Sein Fazit: „Ich freue mich riesig, dass ich die erste Runde null war.“
Werth dominiert Dressur
Während der Große Preis geritten wurde, nominierte der Dressur-Ausschuss Isabell Werth für die Olympischen Spiele. Nach dem beeindruckenden Auftritt der 54-Jährigen mit ihrer Stute Wendy beim CHIO führt kein Weg an dem Paar vorbei. Die Rekordreiterin aus Rheinberg beendete das Turnier in Aachen mit einer beeindruckenden Bilanz, ritt beim größten Reitturnier der Welt mit ihrer Stute dreimal und gewann dreimal.
Bei der abschließenden Kür am Sonntag erhielt die erfolgreichste Reiterin der Welt 89,095 Prozent. Es war bereits ihr 15. Sieg beim Höhepunkt des CHIO. Werth gewann die Vorstellung mit Musik souverän vor Frederic Wandres aus Hagen bei Osnabrück mit Bluetooth (83,010 Prozent), der ebenfalls ein Olympia-Ticket erhielt.
Dritte wurde Ingrid Klimke aus Münster mit Franziskus (81,385). Die beiden reisen als Ersatzpaar nach Paris. „Ingrid ist Profi“, sagte Bundestrainerin Monica Theodorescu zu der undankbaren Rolle für die 56 Jahre alte Reiterin aus Münster: „Sie ist eine Teamplayerin und wird uns in Paris helfen.“ Ihr Ticket sicher hatte bis dahin nur Jessica von Bredow-Werndl aus Tuntenhausen mit Dalera. Die Doppel-Olympiasiegerin von Tokio musste in Aachen nicht mehr antreten.
Qualifikation als Zitterpartie
Für Werth war die Qualifikation eine Zitterpartie. Bei der ersten Olympia-Sichtung vor vier Wochen in Balve belegte sie im Grand Prix und im Special mit Quantaz die Plätze acht und fünf. Das war zu wenig, um sich für die Olympischen Spiele zu empfehlen. Ihre Stute Wendy war verletzt.
Doch das erst zehn Jahre alte Pferd wurde rechtzeitig wieder fit. Kurzfristig änderte Bundestrainerin Theodorescu die Besetzung für die CHIO-Nationalmannschaft: Statt Quantaz durfte Werth in Aachen Wendy satteln. Und dann zeigte das Paar eine fulminante Serie. Es gewann in Aachen den Grand Prix, den Special und die Kür - und wurde dabei jeden Tag besser.