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  7. Olympia-Massaker 1972: Opfer-Angehörige bleiben Gedenkfeier fern

Olympia-Massaker von 1972 Warum die Angehörigen der israelischen Opfer der Gedenkfeier fern bleiben

Auch 50 Jahre nach den Olympia-Morden von München warten die Angehörigen der Opfer noch immer auf eine angemessene Entschädigung - auf die Gedenkfeier wollen sie verzichten.

25.08.2022, 12:00
Ein Gedenkkranz liegt vor der Unterkunft der jüdischen Mannschaft im Olympischen Dorf in München 1972.
Ein Gedenkkranz liegt vor der Unterkunft der jüdischen Mannschaft im Olympischen Dorf in München 1972. (Foto: imago/Frinke)

München/SID - Ankie Spitzer will nicht nach Fürstenfeldbruck kommen. Nicht unter diesen Bedingungen. „Die Entscheidung ist endgültig“, sagte sie und lässt sich doch ein Türchen offen.

Sollte die Bundesregierung den Angehörigen der Opfer der Olympia-Morde von 1972 „ein besseres Angebot unterbreiten, kann man die Pläne wieder ändern“. Dann könnte die zentrale Gedenkfeiern am 5. September in Fürstenfeldbruck doch noch mit den Hinterbliebenen würdevoll ablaufen.

Aber die Zeit wird knapp und bislang deutet zumindest vor den Kulissen wenig darauf hin, dass die Verhandlungen zu einem versöhnlichen Ende führen. Seit Jahrzehnten kämpft Spitzer, Witwe des vor 50 Jahren in München ermordeten israelischen Fechttrainers Andrei Spitzer, für die Hinterbliebenen um eine angemessene Entschädigung nach „internationalen Standards“. Bislang ohne Erfolg und daher von Tag zu Tag verbitterter.

50 Jahre nach Olympia-Massaker in München: „Die Familien verdienen einen Abschluss“

Für Ittai Joseph Tamari, Direktor des Zentralarchivs zur Erforschung der Geschichte der Juden in Deutschland, „voll und ganz“ verständlich. „Bis jetzt hat sich Deutschland sehr verschlossen verhalten“, sagte Tamari dem SID und hat doch Hoffnung auf Besserung: Beide Seiten seien „erfahren und erwachsen genug“, um eine Lösung zu finden. Tamari wähnt die Aussöhnung und die Aufarbeitung „auf einem sehr guten Weg“.

Israels neuer Botschafter Ron Prosor sagte der Bild: „Wir haben zwei Wochen Zeit, um daran zu arbeiten. Ich hoffe, dass eine Lösung gefunden werden kann. Die Familien verdienen einen Abschluss.“

Ein gemeinsames Gedenken mit den Hinterbliebenen der Opfer am 5. September wäre ein Meilenstein, 50 Jahre nachdem palästinensische Terroristen elf Mitglieder der israelischen Olympia-Mannschaft in München töteten. Die dramatischen rund 21 Stunden im Olympischen Dorf in der Connollystraße und am Flughafen Fürstenfeldbruck sind bis heute nicht vollständig aufgearbeitet, noch immer sind nicht alle Akten für Ankie Spitzer einsehbar.

Opfer-Familie empfinden Entschädiung als „Witz“

„50 Jahre Missbrauch, Lügen, Demütigungen und Abweisungen durch die deutsche Regierung und insbesondere von bayerischen Behörden sind wirklich mehr als genug für uns“, heißt es in einem Schreiben an den bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder, das der SZ vorliegt. Unterzeichnet ist es von Spitzer und Ilana Romano, Witwe des ermordeten Gewichthebers Yossef Romano. Die derzeit angebotene Entschädigung sei ein „Witz“.

Die Bundesregierung bemühe sich um Lösungen, das versicherte Regierungssprecher Steffen Hebestreit. Sie hoffe, dass „ein Weg gefunden wird, damit sich die Hinterbliebenen doch noch entschließen können, an der Gedenkveranstaltung teilzunehmen“ und setze auf „konstruktive Verhandlungen“. Auch Hebestreits Vorgänger Steffen Seibert, mittlerweile Botschafter in Israel, hat sich eingeschaltet.

Letztlich geht es vor allem um die Höhe der Entschädigung, bislang sind insgesamt 4,6 Millionen Euro an die Familien der Opfer gezahlt worden. Das aktuelle Angebot, angeblich 200.000 Euro pro Familie, nannte Spitzer eine „Beleidigung“. Für sie ist diese Summe keine angemessene Entschädigung und auch kein ausreichendes Schuldeingeständnis Deutschlands für das mangelhafte Sicherheitskonzept und den dilettantischen Anti-Terror-Einsatz in Fürstenfeldbruck, bei dem ihr Mann vor 50 Jahren sein Leben verlor.