Ironman-WM Kraftakt auf der Wohlfühlinsel: Langes Kampf um den WM-Titel
Bereits zweimal gewinnt er in Hawaii. Patrick Lange verbindet eine besondere Beziehung mit dem Urlaubsparadies. Ein erneuter Triumph wäre auch für Triathlon-Deutschland eine Krönung.
Kailua-Kona - Auf seiner Wohlfühlinsel im Pazifik kann Patrick Lange mit Jan Frodeno gleichziehen und 15 Monate auch im Zeichen deutscher Triathletinnen und Triathleten veredeln. Nach den Rücktritten von Frodeno und Sebastian Kienle befürchtete manch einer Tristesse im deutschen Ausdauerdreikampf.
Das Gegenteil war und ist der Fall vor der neuesten Auflage des Klassikers in Hawaii an diesem Samstag (Start 18.25 Uhr MESZ/6:25 Uhr Ortszeit). „Die Kontinuität an der Spitze im Langdistanz-Triathlon hat schon dafür gesorgt, dass wir inzwischen einfach nicht mehr von ein, zwei Galionsfiguren abhängig sind“, sagte Kienle der Deutschen Presse-Agentur.
Lange-Prophezeiung: Wird das engste Hawaii-Rennen aller Zeiten
Kienle hatte 2014 die deutsche Ära auf Hawaii eingeleitet. 2015 und 2016 gewann Frodeno über die 3,86 Kilometer Schwimmen, 180,2 Kilometer Radfahren und 42,2 Kilometer Laufen im Sehnsuchtsort aller Langdistanz-Triathleten. Es folgten die beiden Triumphe von Lange 2017 und 2018, ehe sich Frodeno zum dritten Mal den Siegerkranz nach dem Gänsehaut-Zieleinlauf in Kailua-Kona aufsetzen durfte.
2024 bei der Rückkehr der Männer - Frauen und Männer wechseln sich mittlerweile jährlich zwischen den Standorten Hawaii und Nizza ab - will Lange mit 38 Jahren die drohende weitere Machtübernahme vor allem durch die jüngeren starken Norweger um Tokio-Olympiasieger und Ex-Ironman-Weltmeister Kristian Blummenfelt abwenden. Blummenfelt gewann den Titel in St. George bei einer Nachhol-WM wegen der Corona-Pandemie.
„Ich glaube, wir werden das engste Hawaii-Rennen aller Zeiten sehen“, prophezeite Lange in einem Interview der „Welt“ vor dem knapp achtstündigen Showdown. Er zählt dabei auch auf seine Erfahrung in einem breit besetzten Top-Feld: „Auf der anderen Seite kannst du die Biologie nicht verarschen.“ Titelverteidiger Sam Laidlow aus Frankreich ist 25 Jahre alt, Gustav Iden, 2023 in Nizza bei der WM hinter Laidlow und Lange Dritter, ist 28.
Laura Philipp hat es aber vorgemacht, sie triumphierte vor einem Monat in Nizza, wurde mit 37 Jahren erstmals Ironman-Weltmeisterin und setzte die Liste deutscher Erfolge in den vergangenen fünf Monaten fort. Der Leipziger Rico Bogen (24) gewann im August vergangenen Jahres über die halbe Ironman-Distanz den WM-Titel. In Lahti machten Frederic Funk (27) und Jan Stratmann (28) damals sogar den ersten Dreifach-Erfolg für Deutschland bei einer Ironman70.3.-WM perfekt.
Im August dieses Jahres gewann Carolin Pohle (29), ebenfalls aus Leipzig, den EM-Titel in Tallinn über die halbe Ironman-Distanz und löste damit Laura Philipp ab. Der Sauerländer Leonard Arnold, Jahrgang 1994, holte bei den Männern Silber. Neben einigen weiteren Rennerfolgen in den diversen Serien und der Weltbestzeit von Ex-Hawaii-Siegerin Anne Haug in Roth glänzte vor allem aber die Mixed-Staffel der Deutschen Triathlon-Union und holte Olympia-Gold - 16 Jahre nach dem Olympiasieg Frodenos in Peking.
„Ich glaube, vor ein paar Jahren hätte ich noch ganz bescheiden geantwortet: wahrscheinlich kaum“, sagte Kienle auf Frage, wie viel er, Frodeno und andere deutsche Topathleten der Vergangenheit wie Thomas Hellriegel als erster deutscher Hawaii-Gewinner (1997) mit ihren Karrieren dazu beigetragen hätten. „Inzwischen war ich bei so vielen Veranstaltungen, habe mit so vielen Menschen gesprochen und so viele Zuschriften bekommen, dass ich doch glaube, dass es einen gewissen Einfluss gehabt hat“, sagte Kienle.
Ex-Weltmeister Unger befürchtet auch schwere Zeiten
Solche Galionsfiguren seien super wichtig, betonte Daniel Unger in einem dpa-Gespräch. Weil sich ihre Strahlkraft vor allem auf die jüngeren Athleten auswirke oder die, die auf dem Weg sind, Athleten zu werden, sagte der Kurzdistanz-Weltmeister von 2007 und heutige Bundesstützpunkttrainer bei der Deutschen Triathlon-Union. Gleichwohl sieht auch er hinter der nun weiter nach oben drängenden Generation um die Olympiasieger oder um Rico Bogen Probleme auch im deutschen Triathlon-Nachwuchsbereich.
„Es ist generell schon abzusehen, dass da schwierige Zeiten auf uns zukommen. Aber das ist kein Triathlonproblem, sondern meiner Sicht ein generelles Problem. Die Kinder und jungen Menschen werden nicht mehr so dem Sport zugeführt, wie es vielleicht noch in der Generation davor oder auch bei mir war“, erklärte der 47 Jahre alte Unger. Vor allem müsse der Schulsport wieder eine größere Wertschätzung erfahren. „Man muss ganz unten anfangen in den Schulen. Das ist immer ein ganz klarer Schlüssel zum Erfolg“, sagt auch Verbandspräsident Martin Engelhardt.
Doch vorerst braucht Triathlon-Deutschland nicht bange sein. „Wir brauchen uns keine Sorgen machen, auch wenn Athletinnen und Athleten wie Anne Haug, Laura Philipp und auch Patrick Lange ihre Karriere beenden“, betonte Kienle.
Langes Jahr: Rückschläge und Trainerwechsel
Daran denkt Lange aber noch gar nicht. Der Hesse gewann in diesem Jahr nachträglich den Ironman in Texas - der ursprüngliche Sieger aus Mexiko wurde des Dopings überführt. Lange erlebte aber ausgerechnet beim Ironman-Heimrennen in Frankfurt mal wieder eine Enttäuschung. Nun auf seiner Insel und nach einem Trainerwechsel kurz vor dem Saisonhöhepunkt hofft er wieder auf die besondere Verbindung zwischen ihm und Hawaii.
„Das wäre natürlich ein großes Ding für ihn persönlich, aber für uns alle als Triathlon-Community wäre es natürlich auch super wichtig. Ein Hawaii-Sieg generiert so eine große Aufmerksamkeit“, sagte Ex-Weltmeister Unger.