Formel 1 in Baku Im Teufelskreis: Verstappen und die Red-Bull-Krise
Seit sechs Rennen hat Max Verstappen nicht mehr in der Formel 1 gewonnen. Die Red-Bull-Verfolger rücken in der WM immer näher. McLaren könnte schon in Baku in einer Wertung vorbeiziehen.
Baku - Max Verstappen hatte schon mal mehr Spaß an seiner Arbeit. Die jüngste Niederlagenserie, die erstaunliche Formkrise seines Red-Bull-Teams und der schmelzende Vorsprung in der WM haben Spuren beim Formel-1-Weltmeister hinterlassen. „Ich habe meine eigenen Probleme“, erwiderte der 26-Jährige missmutig vor dem Grand Prix in Baku auf Fragen nach der Teamorder bei McLaren, die seinem Verfolger Lando Norris im Endspurt noch zum Fahrertitel verhelfen soll.
Was Verstappen meint: Bevor er sich wieder um die Konkurrenz Gedanken machen kann, muss Red Bull erstmal die eigenen Sorgen lösen. „Wir sind mitten in der Arbeit und es ist nicht so, dass wir es von einem auf das Wochenende umdrehen können“, sagte der Niederländer. Seit sechs Rennen wartet Verstappen auf einen Sieg, nachdem er sieben der ersten zehn Saisonläufe als Erster beendet hatte.
Am jüngsten Tiefpunkt mit Platz sechs in Monza hatte der Triple-Champion seinen Dienstwagen als unfahrbares „Monster“ bezeichnet. „Wir müssen sehr schnell die Wende schaffen“, warnte auch Teamchef Christian Horner. In den ersten Trainingsrunden in Aserbaidschan war zwar ein leichter Aufwärtstrend erkennbar, in der Tageswertung aber reichte es für Verstappen nur zu Rang sechs. Schnellster war Monza-Sieger Charles Leclerc im Ferrari.
Teamchef spricht von Teufelskreis
Boss Horner räumte ein, dass die Ingenieure bei der Weiterentwicklung des einstigen Wunderwagens auf immer neue Konstruktionsfehler gestoßen seien. „Indem du ein Problem löst, erzeugst du ein anderes - und dann gerätst du in einen Teufelskreis“, sagte der Brite.
Schon beim Rennen am Sonntag (13.00 Uhr/RTL und Sky) könnte Red Bull die Führung in der Teamwertung an McLaren verlieren. Nur noch acht Punkte Vorsprung hat der strauchelnde Branchenführer mit auf den Stadtkurs am Kaspischen Meer gebracht. „Ich hoffe, wir können uns ab jetzt in die richtige Richtung bewegen. Aber wie lange das dauert, weiß ich nicht“, sagte Verstappen über die mühsame Fehlersuche bei Red Bull.
Sein Polster im Titelrennen auf Norris beträgt immerhin 62 Zähler. Dennoch bezeichnete Verstappen den Gewinn beider Meisterschaften für Red Bull angesichts der Nöte als unrealistisch. Mit Blick auf die neuen Kräfteverhältnisse hat sich McLaren zudem nach längerem Zögern entschieden, jetzt mit einer Stallorder voll auf Norris zu setzen. „Sie gehen so vor, wie sie das für richtig halten. Darauf habe ich keinen Einfluss“, knurrte Verstappen in Baku.
Aston Martin lockt Verstappen
Den Titelverteidiger nervt gerade so einiges. Seit Monaten gibt es immer wieder Unruhe um wichtige Figuren bei Red Bull, ein Machtkampf wurde teils öffentlich ausgetragen. Jüngst verabschiedete sich der langjährige Sportdirektor Jonathan Wheatley in Richtung des künftigen Audi-Teams. Viel schmerzlicher aber ist für Verstappen und Red Bull weiter der Verlust von Chef-Entwickler Adrian Newey, der zu Beginn der Woche als neuer Gesellschafter bei Aston Martin vorgestellt wurde.
„Ich habe immer gesagt, dass ich mir gewünscht hätte, dass er bleibt. Aber ab einem gewissen Zeitpunkt kann man das nicht mehr ändern“, sagte Verstappen. Der anhaltende Trennungsschmerz ließe sich durchaus beheben, meint Aston-Martin-Teamchef Mike Krack und versicherte: „Die Tür für Max Verstappen ist immer offen.“
Für derlei unverhohlene Wechselangebote, wie es sie zuvor auch schon von Mercedes gab, hat Verstappen auf seiner Suche nach der Erfolgsspur jedoch keine Zeit. „Das ist etwas für die Zukunft, nicht für jetzt. Was in den nächsten paar Jahren passiert, ist gerade sehr egal“, versicherte der WM-Spitzenreiter. Mit dem Hier und Jetzt hat Verstappen gerade einfach schon genug zu tun.