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Vierschanzentournee Geduld und Klingelbeutel: Schwerer Weg für Skispringerinnen

Zehntausende Zuschauer bei der Vierschanzentournee - viele leere Ränge bei der Two-Nights-Tour. Skispringer und Skispringerinnen agieren weiter in zwei Welten. Kein Lösungsvorschlag wirkt überzeugend.

Von Patrick Reichardt und Thomas Eßer, dpa 08.01.2025, 10:10
Wünschen sich mehr Präsenz: Selina Freitag und Katharina Schmid.
Wünschen sich mehr Präsenz: Selina Freitag und Katharina Schmid. Daniel Karmann/dpa

Bischofshofen/Villach - Der Kontrast hätte deutlicher kaum sein können. Während die Männer in den stimmungsvollen Stadien von Innsbruck und Bischofshofen vor Zehntausenden Fans ihre Skisprung-Partys feierten, ging es für die Frauen zurück in den Alltag - und der ist nach wie vor sehr trist. Kleine Schanze in Villach, Weiten von maximal 100 Metern und eine Zuschauerzahl, die sich in der Pause zwischen erstem und zweitem Durchgang per Handzählung ermitteln ließe.

Dreifach-Weltmeisterin Katharina Schmid und ihre Kolleginnen tragen seit Jahren lautstark und energisch ihren Wunsch nach einer Vierschanzentournee für Frauen nach draußen. Inzwischen gibt es immerhin die Two-Nights-Tour mit einem Springen in Garmisch-Partenkirchen an Silvester und einem Wettbewerb in Oberstdorf an Neujahr.

Kraft: Geld muss irgendwo herkommen

Das große Problem: Mehr als über den Sprungsport ist in den vergangenen Tagen darüber diskutiert und berichtet worden, dass Selina Freitag als Quali-Siegerin von Garmisch ein Shampoo und vier Handtücher erhalten hat. Und welch fatales Signal davon ausgeht. Der deutsche Sportdirektor Horst Hüttel räumte ein, in diesem Fall hätte man besser überhaupt nichts überreicht. 

Weltklasse-Athlet Stefan Kraft reagierte gelassen auf die Posse und mahnte zur Geduld. „Das braucht einfach nur Zeit. Ich glaube, es muss nicht alles von heute auf morgen sein. Das Geld muss irgendwo herkommen, das kann man auch nicht überall herzaubern“, sagte Kraft. Der 31 Jahre alte Österreicher sieht die Springerinnen auf einem guten Weg und verwies darauf, dass es auch bei den Männern lange Zeit keine Prämien für den Sieger der Qualifikation gegeben habe.

Noch immer kein Flutlicht am Bergisel

Rennleiter Sandro Pertile vom Weltverband Fis, die laut seinen Aussagen nicht über die demütigend wirkende Prämie informiert war, haderte: „Ich bin nicht zufrieden mit der Situation von Garmisch.“ Bei den Männern erhalten die Qualifikationssieger inzwischen 3.000 Schweizer Franken (rund 3.200 Euro). 

Der ehemalige Skisprung-Star Sven Hannawald wirkte peinlich berührt, als er Freitags Aussagen hörte - und bot scherzhaft an, er hätte mit einem Klingelbeutel am Bahnhof gesammelt, wenn er das gewusst hätte.

Und das Traditionsevent Tournee, das bei den Männern schon 73 Ausgaben hinter sich hat und bei den Frauen längst eingeführt sein sollte? Lässt noch immer auf sich warten. Weil am Bergisel in Innsbruck das Flutlicht fehlt, sieht es auch für den kommenden Winter eher düster aus.

Immer mehr Hürden

An Silvester zeigte sich ein weiteres Problem: Es scheint derzeit noch das öffentliche Interesse zu fehlen. Eine Stunde, nachdem 10.000 Fans die Qualifikation der Männer gesehen hatten, waren beim Springen der Frauen nur noch 3.000 Menschen an der Großen Olympiaschanze. Und das, obwohl ein Verbleib in dem Stadion möglich war und Zuschauer sogar mit einer Happy Hour für Getränke gelockt wurden.

Je länger die Frauen-Tournee nicht kommt, desto mehr Hürden scheinen aufzutauchen. Das zeigten auch die ersten Two-Nights-Tour-Versuche. „Ich bin kein Freund, beide Wettkämpfe an einem Tag zu machen. Man muss aufpassen, dass man die Damen mit dazunimmt, ohne das andere Event abzuschwächen“, sagte Karl Geiger. Aktuell strahlt der komplette Skisprung-Glanz auf die Männer ab. Eine Entwicklung wie beim Biathlon ist derzeit nicht absehbar.

Skispringen künftig mit Lasershow?

Obwohl die Fis sich genau dafür einsetzt. Rennleiter Pertile kündigte vor dem Tournee-Finale in Bischofshofen an, dass er künftig auch den Weltcup der Frauen verantworten werde und die Kalender zur Saison 2026/27 angeglichen werden sollen. Im Gegensatz zu Geiger glaubt Pertile, dass zwei Springen an einem Tag durchaus gut funktionieren können. „Fünf Stunden, beide Wettbewerbe und Entertainment“, benannte der Funktionär seinen Plan. 

Sport sei attraktiv, aber man brauche mehr als nur Sport. Dafür müsste die Fis wohl an die obligatorischen Trainings- und Probedurchgänge ran, die viel Zeit in Anspruch nehmen. Bei den Showelementen denkt Pertile nicht nur an Musik, sondern auch an Lasershows und neue Grafikelemente. „Skispringen bleibt attraktiv. Die Kombination zwischen Sport und Entertainment ist ein wichtiger Faktor“, sagte Pertile.