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Schwimmen Schwimmen: Das Experiment Mark Warnecke

Von Petra Szag 16.04.2013, 19:56
Völlig geschafft muss Mark Warnecke nach seinem Rennen, bei dem er als Zweiter anschlug, erst einmal verschnaufen.
Völlig geschafft muss Mark Warnecke nach seinem Rennen, bei dem er als Zweiter anschlug, erst einmal verschnaufen. Schulz Lizenz

Halle/MZ - Die hautenge Hose war gnadenlos. Jede Rundung brachte sie zum Vorschein. Ohne Zweifel: Zwischen all den durchtrainierten Körpern und jugendlichen Gesichtern fiel Mark Warnecke total aus dem Rahmen. Und doch schlug ihm beim Schwimmfest am Wochenende in Halle eine Welle der Sympathie entgegen. Nicht als ehemaligen Weltmeister feierten ihn die Zuschauer, sie sahen in ihm offenbar einen Menschen wie du und ich.

Mark Warnecke, 43 Jahre alt, Weltmeister von 2005, schwimmt wieder. Und er tut es mit einer wohltuenden Entspanntheit. Was er sich denn vorgenommen habe? „Nichts“, sagt Warnecke. Die Teilnahme an den deutschen Meisterschaften? Vielleicht sogar die WM im Sommer in Barcelona? „Quatsch“, antwortet er und kann sich dann doch ein breites Grinsen nicht verkneifen. „Das Wort Comeback will ich auf keinen Fall hören. Ein Experiment ist das. Mehr nicht.“

Mark Warnecke gehört nicht zum Typus Sportler, die nach ihrer aktiven Laufbahn in ein Loch gefallen sind oder keinen echten Lebensinhalt mehr haben. Im Gegenteil. Er ist Arzt. Und Unternehmer. Er hat andere Gründe, wieder zu schwimmen. Warnecke will sehen, was er aus seinem Körper noch herausholen kann.

Auslöser des ungewöhnlichen Selbstversuchs ist eine Wette mit dem neuen Bundestrainer Henning Lambertz. Der hatte Mark Warnecke im Dezember gesagt, dass er ihm durchaus zutraue, an alte Bestzeiten wieder heranzukommen. „Einen Tag lang habe ich das alles sacken lassen“, erinnert sich Warnecke. Dann aber hatte er ein Aha-Erlebnis. Am darauffolgenden Abend kamen seine fünfjährigen Söhne, um ihm nach einem langen Arbeitstag gute Nacht zu sagen. „Da ist mir bewusst geworden, dass sie mich meist nur so erleben - geschafft auf dem Sofa sitzend. Nie haben sie mich im Wettkampf gesehen. Ich denke, es ist wichtig, ihnen zu zeigen, was möglich ist, wenn man sich anstrengt.“

Das Ziel ist also ein durchtrainierter und leistungsfähiger Körper. Die Couch samt Chips haben bei dem Mann, der 26 Jahre lang Leistungssport auf allerhöchstem Niveau betrieben hat, ihre Spuren hinterlassen. Sechs Jahre gar keinen Sport zu treiben auch.

Mittlerweile rafft sich Warnecke an vier Abenden in der Woche auf und zieht wieder seine Bahnen. Die Mittagspause nutzt er fürs Krafttraining - gemeinsam mit WM-Kandidatin Dorothea Brandt, die er als Fitnesscoach betreut.

Die ersten Trainingswochen beginnen sich auszuzahlen. Ein Test letzte Woche in Eindhoven und nun das Halle-Meeting haben ihm Mut gemacht. Jetzt, nach zwei Wettkämpfen, „habe ich ein Niveau erreicht, auf das sich ein Training aufbauen lässt“. Er umschreibt das so: „Die ersten 15 Meter liege ich vorn, nach 25 Metern kann ich das Tempo nicht mehr halten und die letzten Meter sterbe ich.“

29,54 Sekunden ist Mark Warnecke am Wochenende in Halle geschwommen. Elf, zwölf Kilo hat er bereits abgenommen. Noch einmal zehn sollen folgen. Bis September will er die 28-Sekunden-Marke knacken - das ist wohlgemerkt die WM-Norm. Wobei er eines klargestellt wissen will: „Selbst wenn ich physisch in der Lage sein sollte, und das bin ich nun wirklich nicht, würde ich eine WM psychisch nicht mehr schaffen.“

Wobei: Verrückt genug wäre er. Vor zwölf Jahren pendelte der Hobbyfahrer zwischen Rennpiste und Schwimmbecken: Früh Training für den Porsche-Carrera-Cup in Oschersleben, nachmittags deutsche Schwimm-Meisterschaften in Braunschweig.

Mark Warnecke ist eben doch nicht wie du und ich. Er ist ein Mann der Extreme, ein Mann, der experimentiert. Heute wie damals.