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Rico Freimuth Rico Freimuth: Zehnkämpfer bereit für Olympia 2016 in Rio

Von Christoph Karpe 08.08.2016, 16:39
Will in Rio zu alter Form auflaufen: Rico Freimuth.
Will in Rio zu alter Form auflaufen: Rico Freimuth. imago sportfotodienst

Halle (Saale) - Ein bisschen hat er das Geschehen in Rio schon verfolgt. Aber eigentlich ist Rico Freimuth in diesen Tagen der Olympischen Spiele auf sich selbst fixiert. Doch während sich in früheren Jahren die Vorstart-Aufregung vor einem Wettkampf-Höhepunkt in Gänze seiner bemächtigte, ist der Zehnkämpfer in diesen Tagen verblüffend entspannt.

Via Facebook ließ er seine Fans daran teilhaben, dass er sich bei Halles Starfriseur einen „olympiareifen Haarschnitt“ verpassen ließ und sich dann auch noch kurz vor seiner Abreise einen schwarzen BMW zugelegt hat. „Einen von 2012 mit Vollausstattung, ein geiles Geschoss“, berichtet Rico Freimuth.

Freimuth: "Froh, dass ich mich überhaupt wieder schmerzfrei bewegen kann"

Sportlich schindet er sich zurzeit ganz allein im Kraftraum am Sportgelände an der Koch-Straße. Auf die Hanteln hat er sich 110 Kilo gepackt. Die stemmt er in Dreier-Serie aus. „Im Vergleich zu Arthur Abele, der mit mir ja in Rio für Deutschland startet, ist das fast nichts. Der schafft 150 Kilo“, erzählt Freimuth und ergänzt: „Erstens ist das für mich kein Problem, weil ich im Gegensatz zu ihm nicht nur über die pure Kraft komme. Und zweitens bin ich froh, dass ich inzwischen überhaupt wieder diese Last schmerzfrei bewegen kann.“ Wegen Schulterproblemen ging das nämlich ein Vierteljahr nicht.

Generell hatten den WM-Dritten von 2015 ausgerechnet in dieser olympischen Saison zahlreiche Zipperlein geplagt. Besonders häufig streikten die Muskeln. Zerrungen, Verhärtungen, ein Faserriss - all das lähmte den Formaufbau. Eine Untersuchung ergab: Die Ursache liegt in Nierenproblemen. „Ich hatte einfach ständig zu wenig getrunken“, sagt Freimuth - und nimmt plakativ einen Schluck aus einer Wasserflasche.

Um das persönliche Optimum

Seine verständlicherweise schwache Form ließ ihn bei den Olympia-Qualifikationen der Mehrkämpfer in Götzis (Österreich) und Ratingen scheitern. Freimuths Gedanken drehten sich um Aufgabe, darum, die Saison, in der eh nichts mehr reißen würde, abzubrechen und auf Rio zu verzichten. Mit seinen 8 561 Punkten, die er bei seinem grandiosen WM-Bronze-Wettkampf in Peking erreicht hatte, stand für ihn zwar eine Normleistung zu Buche, aber in diesem Jahr hat er keinen Wettkampf beendet. „In Rio werde ich mich durchkämpfen“, verspricht Freimuth nun.

Über Ergebnisse und Punktzahlen reden mag er nicht. „Es geht nur darum, dass ich für mich das Optimum heraushole“, sagt er. Vor vier Jahren in London, da war er zu jenem Zeitpunkt nahe dran. Als 24-Jähriger hatte er dort 8 320 Punkte erreicht - Platz sechs. Bei den Sommerspielen war sein Stern aufgegangen. „Das war schon prima“, meint er im Rückblick. Im Jahr darauf wurde er WM-Siebter. „Auch stark.“ EM-Platz sieben 2014 in Zürich - damit war er unzufrieden. Daraus schöpfte er jedoch auch Motivation für Peking.

Das Ergebnis ist bekannt. „Ich war in jedem Jahr bei dem jeweiligen Großereignis dabei. Das hat kein anderer deutscher Zehnkämpfer geschafft. Und ich habe eine Medaille. Das ist schon super - und angesichts eines Ashton Eaton, der den Zehnkampf nun einmal unerreichbar beherrscht, ist Gold sowieso für jeden anderen auf der Welt unrealistisch“, sagt Rico Freimuth. Natürlich ist der US-Superstar, inzwischen ein guter Freund von Freimuth, auch in Rio der alleinige Goldanwärter.

Hoffnungsvoller Formtest

Der Hallenser wird dort seinen eigenen Wettkampf gegen sich selbst bestreiten , seinen Körper bis zur Leistungsgrenze treiben. „Dann werden wir sehen, wozu das reicht“, sagt Rico Freimuth. Er lächelt dabei. Denn inzwischen kehrte zu ihm der Glaube zurück, doch nicht als chancenloser Mitläufer in das zweitägige Punkterennen, das am 17. August beginnt, zu gehen.

Beim letzten Form-Test der deutschen Mehrkämpfer vor drei Wochen in Neuwied nämlich zeigte sich Rico Freimuth plötzlich überraschend gut in Schuss. Er lief die 110 Meter Hürden, seine Sahnedisziplin, in passablen 14,15 Sekunden. Beim Hochsprung schaffte er 1,95 Meter, ließ dann 1,98 aus - und ging die 2,01 Meter an. Was Bestleistung gewesen wäre. Dazu kamen 44,96 Meter mit dem Diskus und 21,70 Sekunden über die 200 Meter.

„Der Hochsprung war stark, die Läufe in Ordnung - und wenn ich den Diskus an die 50 Meter geworfen hätte, dann wären schon wieder Hochrechnungen, Rio betreffend, aufgemacht worden. So ist alles gut. Ich weiß, dass meine Formkurve ansteigt. Das macht ein wenig Hoffnung auf einen versöhnlichen Wettkampf.“

Am Freitag fliegt Rico Freimuth dann doch mit einem ganz guten Gefühl los. (mz)

Rico Freimuth beim Training in Halle - es geht voran.
Rico Freimuth beim Training in Halle - es geht voran.
Schulz