RBL-Abwehrchef Willi Orban Willi Orban: RB Leipzig-Abwehrchef über den Bundesliga-Tabellenführer und seine Ziele

Leipzig - Fester Händedruck, freundliches, aber bestimmtes Auftreten: Willi Orban (24) verkörpert als Vize-Kapitän und Abwehrchef von RB Leipzig viel von der Konstanz und dem Selbstvertrauen, die den Tabellenführer dieser Tage so außergewöhnlich machen.
Der Dauerbrenner bei RBL hat noch keine einzige Bundesligaminute verpasst und ist in der durch Verletzungen gebeutelten Defensive des Spitzenreiters der Stabilisator. Ein Gespräch über Willis Willen, seine Erfahrungen, selbst gegen RB Leipzig zu spielen und seine ganz besondere Vorfreude auf die Partie beim FC Bayern München.
Willi, Sie haben in einem Interview mal selbst darüber gestaunt, wie weit man es mit Willen bringen kann. Ist das die Basis Ihres Erfolgs?
Willi Orban: Natürlich sind körperliche Voraussetzungen die Basis. Aber ja, man kann mit einem starken Willen sehr viel erreichen. In den Jugend-Nationalmannschaften etwa gab es Spieler, die damals talentierter waren als ich. Aber im Endeffekt habe ich sie alle gefressen (lacht).
Auch aktuell bei RB Leipzig sind Einsatzbereitschaft und Mentalität zentrale Erfolgsfaktoren.
Orban: Wir haben bewiesen, dass wir eine super Mentalität in der Mannschaft haben. Aber genau das braucht man als erfolgreicher Leistungssportler – in allen Situationen. Wenn es mal nicht läuft, kommt es auf mentale Stärke an, aber fast noch mehr dann, wenn es gut läuft. Da ist es fast noch schwieriger, sich weiter beharrlich verbessern zu wollen, um nicht stehenzubleiben. So wie viele gute Mitspieler im damaligen Nachwuchs, deren Entwicklung irgendwann stagniert hat.
Sind Sie mental noch einmal stärker geworden, seitdem Sie bei RB sind?
Orban: Ich hatte das schon immer in mir. Aber hier habe ich optimale Bedingungen, um das noch mehr auszuschöpfen: Fachkräfte und Experten in verschiedenen Bereichen, die mir immer Informationen geben oder Tipps für neue Trainingsmöglichkeiten geben.
Haben Sie eigentlich das Gefühl, dass sich Ihr Team in der 1. Liga so exorbitant gesteigert hat oder dass es Ihnen die Zweitligisten in der vergangenen Saison schwerer gemacht haben, weil sie destruktiver gespielt haben?
Orban: Mit Sicherheit etwas von beidem. Wir haben im Vergleich zur vergangenen Saison und auch zur Sommervorbereitung riesige Entwicklungsschritte gemacht. Es freut mich wahnsinnig, die kleinen Verbesserungen Woche für Woche zu sehen. Und was die Gegner angeht: Ich erinnere mich noch daran, als ich selbst mit dem 1. FCK zum ersten Mal gegen Leipzig gespielt habe.
Das 0:0 im November 2014.
Orban: Genau, da hieß es zuvor in der Videoanalyse, dass die Leipziger gut pressen. Na gut, Pressing, habe ich gedacht. Viele Mannschaften spielen Pressing. Aber wenn Du dann auf dem Platz stehst, die Intensität und Dynamik spürst, mit der der Gegner auf Dich zukommt, ist das sehr beeindruckend. So geht es jetzt vielen Erstligisten: Sie wissen eigentlich, was sie erwartet, haben aber in den meisten Fällen noch nicht gespürt, wie intensiv wir das wirklich spielen. Wobei wir natürlich auch gegen fast alle Teams zum ersten Mal spielen. Das Paradebeispiel waren die ersten fünf bis zehn Minuten gegen Schalke.
Apropos Schalke. Mussten Sie Timo Werner nach der Schwalbe aufrichten?
Orban: Das wurde nur kurz angesprochen, aber bei uns stand der verdiente Sieg im Vordergrund. Timo hat sich dafür offiziell entschuldigt. Damit ist dazu jetzt auch alles gesagt.
Das ohnehin spannende Spiel zum Ende des Jahres beim FC Bayern ist auch für Sie ganz persönlich interessant. Sie haben gegen den Rekordmeister Ihr erstes Spiel bei den Profis überhaupt gemacht.
Orban: Ich hatte zuvor nur U19 gespielt und durfte dann für ein paar Minuten vor 50.000 Zuschauern am Betzenberg in der Bundesliga gegen den großen FC Bayern ran. Dieser Moment ist mir intensiv in Erinnerung geblieben. Unser Trainer Marco Kurz hat mich auf der Sechs ins Spiel geworfen – und ich habe nicht einmal den Ball berührt. Ich kam auch nicht wirklich in Zweikampfnähe, weil die Bayern den Ball laufen ließen. Ich bin zwar gerannt, hatte aber keine Chance, an den Ball zu kommen. Die Voraussetzungen vor dem Duell zum Ende dieses Jahres sind da natürlich ganz andere. Wir freuen uns darauf, das wird ein besonderes Spiel. Aber zuvor haben wir noch zwei weitere schwere Aufgaben vor der Brust.
Sie haben aktuell vier Gelbe Karten, wollen gegen Bayern gern dabei sein. Holen Sie sich vorher eine ab?
Orban: Ich versuche natürlich, bis zur Winterpause gar keine Gelbe Karte mehr zu kriegen. Die nächsten drei Aufgaben sind allesamt unheimlich wichtig, ich will in jedem Spiel auf dem Platz stehen. Von meinen vier Gelben waren übrigens aus meiner Sicht zwei unberechtigt.
Wie gehen Sie als Abwehrchef eigentlich mit dem Personalmangel in der Viererkette um?
Orban: Es fehlte ja nicht nur der Rechtsverteidiger. Ich selbst musste ja auch auf die linke Innenverteidigerposition rücken, weil ein gelernter Innenverteidiger fehlte. Weil Stefan Ilsanker innen lieber rechts spielt, rücke ich dann eben nach links. Da stelle ich mich in den Dienst der Mannschaft, und bisher haben wir das auch gut kompensieren können. Aber es wäre generell schon gut, wenn ein paar Jungs bald zurückkämen.
Sie wirken extrem abgeklärt. Sind Sie sich eigentlich bewusst, dass Sie auch persönlich einen Leistungssprung gemacht haben und aktuell einer der besten Abwehrspieler der Bundesliga sind?
Orban: Man spürt das schon, man bekommt etwas mehr Anerkennung und Aufmerksamkeit. Aber das ist nur ein Zwischenschritt zu meinem Ziel, irgendwann definitiv einer der besten Innenverteidiger der Bundesliga zu sein. Das ist meine Verantwortung als Fußball und Teamsportler. Wenn ich schon jeden Tag trainiere und alles dem Sport unterordne, dann sollte man sich auch die höchsten Ziele setzen.
Und als Nationalspieler? Wissen Sie schon, bis wann Sie sich entscheiden wollen, ob sie auf die Chance im DFB-Team warten oder beim ungarischen Team zusagen?
Orban: Es gibt da gerade keine Kontakte. Ich setze mir auch nach wie vor kein Zeitlimit, bis ich mich entscheiden will. Ich konzentriere mich darauf, dass ich meine Leistung im Verein bringe, und dann schaue ich, wohin die Reise geht. (mz)