Kommentar Schwalbe von Timo Werner: Kein klarer Kommunikationskurs von RB Leipzig
Leipzig - Die Fußballnation empört sich über Timo Werners Schwalbe. Man hatte am Tag nach dem verdienten 2:1 von Spitzenreiter RB Leipzig gegen den FC Schalke 04 das Gefühl, dass es gar kein anderes Thema gibt, als den unvermittelten Fall des Timo W. im Schalker Strafraum. Vor allem in den sozialen Netzwerken wurde eifrig über Timo Werner diskutiert.
Doch die moralische Empörung darüber, dass ein 20-Jähriger nicht zum Schiedsrichter geht und den fälligen Elfmeter ablehnt, ist verlogen. Ebenso, dass nun gefordert wird, Werner müsse nachträglich bestraft werden. Denn dem moralischen Anspruch des Fairness-Ideals, das dem englischen Amateursport des 19. Jahrhunderts entstammt, kann die heutige Leistungsgesellschaft Bundesliga nicht gerecht werden.
#Schwalbengate: Ralf Fährmann zollt Timo Werner Respekt
Es geht ums Gewinnen – um beinahe jeden Preis. Dafür drehen Vereine wie RB Leipzig an jeder nur möglichen Stellschraube, investieren Hunderte von Millionen. Dass dann ein Spieler innerhalb von Zehntelsekunden die „Entscheidung” trifft, im Strafraum zu stürzen, weil er erkannt hat, dass er eine klare Torchance versiebt, kann man ihm ankreiden. Aber man darf ihn dafür nicht medial verurteilen. Es ist heuchlerisch, im Millionengeschäft Bundesliga die gleichen Ansprüche zu stellen wie an einen Kick auf dem Dorfplatz.
Immerhin war Werner noch so „fair”, noch auf dem Spielfeld gegenüber den Schalkern zuzugeben, dass es keine Berührung gab. Dafür zollte ihm Torhüter Ralf Fährmann sogar Respekt. Hätte Schiedsrichter Bastian Dankert ein ernsthaftes Interesse gehabt, die Situation aufzuklären und seine Entscheidung zu revidieren, dann hätte er sich Fährmann und Werner zusammenrufen können, um sich von Werner bestätigen zu lassen, dass es keine Berührung gab. Das hat er nicht, oder nur sehr flüchtig getan.
RB Leipzig: Kein klarer Kommunikationskurs
Dass es dann am Tag nach dem Eklat auch noch innerhalb des Klubs RB Leipzig verschiedene Versionen der strittigen Szene gab, hätte man vermeiden können. Während Timo Werner nach einer Nacht Bedenkzeit zugab, dass es eine Schwalbe war – „Punkt!” – und sich entschuldigte, argumentierte Ralf Rangnick, dass es eben gerade keine absichtliche Schwalbe war.
Werner hätte direkt nach dem Spiel klar bekennen können, dass es nicht nur kein Elfmeter war, sondern eben auch eine Schwalbe. Er hätte sich dafür entschuldigen können und Reue ankündigen. Ohne weitere Erklärungen und Ausflüchte. Er tat es nicht. Wenn diese Version auch jeder der Verantwortlichen bei RB mitgetragen hätte, wäre der Fall in der Außendarstellung des Klubs sauberer abgehandelt worden.
Eindruck bleibt: Nicht sofort die Wahrheit gesagt
So bleibt nicht nur an Timo Werner, sondern auch an RB Leipzig der Eindruck hängen, nicht sofort die volle Wahrheit gesagt zu haben. Futter für die Moralapostel, die vom Bundesligageschäft mehr Ethos einfordern, als in dem Millionensystem realistisch ist. (mz)