Rückkehr mit RBL nach Stuttgart Rückkehr mit RBL nach Stuttgart: Timo Werner zwischen Heim- und Fernweh
Leipzig - Knapp anderthalb Jahre ist es her, da saß Timo Werner das erste Mal als Spieler von RB Leipzig vor einer Handvoll Journalisten zusammen. Er erzählte, wie wichtig der Wechsel vom Absteiger VfB Stuttgart in die Messestadt sei. Und wie herausfordernd. Werner stammt aus Stuttgart, beim VfB ist er groß geworden. „Ich bin jetzt das erste Mal weg von zu Hause“, sagte er damals. „Mal sehen, wie ich mit dem Heimweh umgehe.“
Am Dienstag hatte Werner Geburtstag, er ist jetzt 22, am Sonntag geht es mit RB zum ersten Spiel gegen seinen alten Klub. Alles sehr gefühlvoll, wie Werner am Freitag durchblicken ließ. Aber Heimweh? „Ich bin jetzt 22“, sagte der Stürmer. „Da sollte man kein Heimweh mehr haben nach der alten Dönerbude.“
Wie schnell das alles ging. Als Werner Juli 2016 am Cottaweg vorgestellt wurde, saß auf einem Stuhl ein Jugendlicher, dem der Auszug aus dem Elternhaus sichtlich schwerfiel. Nur 20 Monate später erzählt nun ein junger Mann, dass er schon zwei Monaten nicht mehr daheim gewesen sei. Die Heimat bleibe Stuttgart, aber übertreiben muss man es mit den Gefühlen nicht.
Tim Werner in Stuttgart: Doppelpack bei Rückkehr mit der Nationalelf
„Ich freue mich auf das Spiel“, sagte Werner und erinnerte daran, dass er ja schon mal wieder dagewesen sei als Spieler. Im September vorigen Jahres war das beim Länderspiel gegen Norwegen. Die DFB-Elf gewann 6:0, Werner traf doppelt. „Zwei Treffer“, so der Heimkehrer, „wären auch am Sonntag gut.“
Es ist nämlich doch in erster Linie ein Fußballspiel, das da auf ihn wartet. Und zwar als Profi von RB Leipzig, der sich mit Herausforderungen herumschlägt, die keinen Raum für Sentimentalitäten lassen. Werner hat in der Liga seit sechs Spielen nicht mehr getroffen. Das ist ebenfalls ein Grund, warum der ambitionierte Vizemeister auf Platz sechs steht und einen Sieg gegen den VfB dringend nötig hat. „Wir können gewinnen“, meinte Werner, auch wenn Stuttgart die jüngsten vier Partien gewonnen hat. „Wenn wir so spielen wie gegen Zenit.“
Wie gegen Zenit, das war der lange Zeit äußerst abgeklärte Auftritt am Donnerstagabend in der Europa League gegen St. Petersburg. RB gewann die Partie 2:1. Das erste Tor hat Werner Bruma mit der Hacke aufgelegt (56.), das zweite schoss er selbst (77.), ehe Domenico Criscito vier Minuten vor Schluss per Freistoß verkürzte (86.) und die Ausgangslage vor dem Rückspiel in einer Woche für die Sachsen verkomplizierte.
Timo Werners Zukunft: Lockt das Ausland?
Aber Werner graut es vor dem Auswärtstor nicht. „Die müssen erstmal gegen uns gewinnen“, sagte er, bevor er seine Freude darüber gestand, endlich wieder getroffen zu haben. Denn „wenn ich nicht treffe, kann ich echt schlecht schlafen“.
Danach überließ er seinem Trainer die Bühne. Der hatte Werners Auftritt mit Wohlwollen verfolgt. Hasenhüttl sieht seinen Stürmer auf dem Weg zu einem „absoluten Weltklassespieler“, und zog in aller Kürze Bilanz der etwas über anderthalb Jahre in der sächsischen Fremde: den 21 Toren in der Vorsaison, den 17 Pflichtspieltreffern in dieser, seine Berufung in die Nationalelf, der Sieg beim Confed-Cup und die Schwalbe gegen Schalke September 2016. „Es ist sensationell, wie er das alles verarbeitet hat“, sagte Hasenhüttl. „Timo ist sehr, sehr schnell gereift. Er hat jetzt schon mehr durchgemacht als mancher Spieler in seiner ganzen Karriere.“
Aber da geht noch was. Werner, so Hasenhüttl, sei noch nicht angekommen auf dem Topspieler-Level. Was das Thema Heimweh auf den Kopf stellt. Fernweh ist das Thema. Der 22-Jährige hat noch zwei Jahre Vertrag. RB würde gern verlängern, Werner zögert, angeblich buhlte die europäische Elite um seine Dienste.
Aber den Eindruck, dass es ihn im Sommer wegzieht, machte er nicht. „Für mich ist das sehr angenehm hier“, sagte er. „Und Heimweh verspüre ich auch nach Leipzig, wenn ich mal eine Weile weg gewesen bin. Der Verein und die Stadt sind meine zweite Heimat geworden.“
(mz)